■ Zur Kündigungsdrohung für faule Professoren: Wutausbruch ohne Folgen
Studierende und Professorenkollegen kennen sie nur zu gut: Sie setzen ihre Kurse montags ganz früh oder freitags in den späten Abendstunden an. In den ersten zwei Sitzungen des Semesters sind die Professores erkrankt. Und ihre Lehrveranstaltung haben sie im Vorlesungsverzeichnis vorsichtshalber so kryptisch angekündigt, daß eh kein Student zu ihnen kommen mag. Kurz: Ihre Lehrverpflichtung geht ins Leere. Solche Hochschullehrer haben selten Prüfungen, in der akademischen Selbstverwaltung glänzen sie durch Desinteresse. Ob das für einen Rausschmiß wohl reicht, will der geneigte Bürger wissen?
Es reicht nicht. Wenn der Kollege ordentlich publiziert, kann ihm praktisch keiner etwas anhaben. Denn Professoren sind für Lehre und Forschung da. So spitz der Vorschlag des obersten Hochschulrektors Landfried also klingt, so stumpf ist das Mittel der Professorenkündigung in der Praxis.
Eine andere deutsche Eigenart kommt hinzu. Die Forschung wird immer noch viel ernster genommen als die solide und kluge Ausbildung von Studierenden. Wegen guter Lehre ist noch kein Professor berufen worden, sondern wegen seines wissenschaftlichen Rufes. Die Problemkinder unter den Profs sind diejenigen, die weder in Forschung noch Lehre, geschweige denn in der universitären Selbstverwaltung etwas leisten. Aber selbst wenn ein Hochschullehrer auf allen drei genannten Feldern versagt, wird er als Beamter von einem höchst pädagogischen Disziplinarrecht geschützt. Ist die Dienstverletzung nachweisbar, folgen: Rüge, Besoldungsabzug, Androhung des Rausschmisses – erst dann wird ein säumiger Kollege aus dem Dienst entfernt. Das dauert Jahre. Bei einer Rate von 10 bis 15 Prozent von Faulpelzen im Professorenstand erwischt es vielleicht 0,2 Prozent.
Vieles spricht daher dafür, Professoren erst gar nicht zu verbeamten, sondern sie gleich als Angestellte einzustellen. Dann ist es leichter, Arbeitsverträge nicht mehr zu verlängern – aber das wird frühestens für die nächste Wissenschaftlergeneration gelten. Landfrieds Forderung ist ein verständlich kalkulierter Wutausbruch – und ein folgenloser. Solange sich die Studierenden nicht aufraffen, ihre Lehrer stärker zu kontrollieren, wird sich wenig ändern. Positive Anreize für Professoren würden vermutlich besser wirken. Ein Freisemester für ausgezeichnete Lehre oder ein kleiner finanzieller Bonus für überdurchschnittliche Absolventen bringt mehr als ein langwieriger Rausschmiß. Peter Grottian
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