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■ Zur EinkehrBeim Pizza Hut

„Good friends. Great Pizza.“Gute Freunde sind also eine große Pizza. Hm. Bemerkenswerte These. Was will uns die Fast-Food-Kette Pizza Hut mit diesen Zeilen sagen? Etwa, daß nicht nur der Belag der Pizza Salami fleischhaltig ist? Gulp! Dabei sehen sie alle so harmlos schnuckelig aus in ihren bunt gestreiften Hemden. Valentina, Ute, Rainer – im Pizza Hut sind wir per Du mit den Bediensteten, sobald die Pobacken auf dem Stuhl fixiert sind und der hungrige Blick nach Eßbarem Ausschau hält. Bella, die Wasserstoffblonde, eilt herbei und bringt das Mittags-Menü I, serviert im Minirock, weil, so die bestechende Logik, das Essen besser schmeckt, wenn die weibliche Bedienung weder Nachnamen noch Hosen hat.

Nein. Nein, Danke. Nein. Wer hart bleibt und die verbalen Angriffe aufs Portemonnaie mit stoischer Haltung apprallen läßt, verzichtet zwar auf teure und dafür kaum genießbare Cappuccinos und Desserts, kommt aber zur Mittagszeit mit 9,90 Mark davon. Im Magen führt man eine Pfannenpizza und einen Salat mit, dessen Umfang in direkter Abhängigkeit zum eigenen akrobatischen Geschick steht. 20 cm2 Teller stehen zur Verfügung, nach oben hin sind den Stapelkünsten keine Grenzen gesetzt. Wem es gelingt, sich neben der Salattheke zu plazieren, kann dem Geschäftsführer zu Weinkrämpfen verhelfen. Denn was auf dem Tisch landet, egal wie, gilt als legitime Beute des ausgemergelten Gastes.

12.000 Läden hat Pizza Hut weltweit, und überall verbreiten sie die gleiche Legende. Ende der 50er Jahre hätten die US-Brüder Dan und Frank Carney im Wichita/Kansas erstmals den dicken Pizzateig aus dem Ofen gezogen und, weil sohohoho lecker, daraufhin allen hinter die Schneidezähne geschoben. Stimmt natürlich nicht. Die wahre Erfinderin des dicken Pizzateiges ist selbstverständlich meine Mutter Maria. In dem kleinen Ort Albano di Lucania/Basilicata zauberte sie schon jahrzehntelang mit ihren wundervollen Händen duftende Pizzen aus dem Holzofen, als diese Carney-Bengel noch Heinzketchup zum Frühstück löffelten und heiße Rauhhaardackelwürstchen zwischen pappige Brote klemmten und sich dabei für irrsinnige Gourmets hielten. Bald darf unter dem bezeichnenden Motto „All you can eat“auch im Bremer Pizza Hut bis zum Abwinken gefressen werden. Für 11,90 Mark Fast Food bis zur Halskrause, und das alles für das billige Gefühl, ein Schnäppchen gemacht zu haben. Dekadent. Sowas würde meine Mamma nie machen. Und da bin ich trotzdem immer satt geworden. Maria, ti amo! zott

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