piwik no script img

■ Zur EinkehrIm Grollander Krug

Grundstücke an Hochstraßen zählen nicht gerade zu den besten Adressen der Gastronomie. Und doch gibt es Leute, die reißen ein ganzes Gebäude ab und bauen für rund fünf Millionen Mark ebendort ein nagelneues Hotel und Restaurant. Auf den Namen Robben hören einige dieser Menschen. Und die haben sich als Investoren und Betreiber des Grollander Kruges an der Oldenburger Straße angenommen.

Die Einrichtung neigt wie in Hotelneubauten üblich zu Gesichtslosigkeit. Helles Holz an den Decken, Kunstdrucke an den Wänden, Musical-Schlager aus den Boxen: Eine Eleganz, die von der Stange kommt. Gleichwohl Platz genommen, Frau Robben bedient persönlich, empfiehlt, rät ab und versteht ihr Geschäft. Und zum Geschäft gehört das Intro – das Studium der Karte.

Und auch für die gilt auf den ersten Blick das Attribut: gesichtslos. Vom überbackenen Camembert bis zum Krabbencocktail reicht das Angebot an Vorspeisen, das Suppenprogramm eröffnet die klare Hühnerbrühe mit Einlage, in den Hauptspeisen reihen sich glanzlos Dauerbrenner wie der gedünstete Heilbutt, der Filettopf mit Bratkartoffeln oder die Schweinemedaillons mit asiatischen Beilagen aneinander. Oh je, wo sind wir hier gelandet, denken wir, bestellen trotzdem und werden überrascht. Und dies auf das allerangenehmste.

Die grüne Pfeffersuppe als Vorspeise entpuppt sich als ein wahrer Leckerbissen, die Krebssuppe als reichlich von Meeresfrüchten begleitet, und selbst die besagte Hühnersuppe mit Einlage wird ihrer Appetizer-Rolle gerecht. Und dann die Hauptspeisen. Schon in der B-Note, unter der guter Service, das Vorwärmen der Teller und andere eigentliche Selbstverständlichkeiten bewertet werden, keine Abzüge. Doch in der A-Note sind wir versucht, Sternchen zu verteilen. Für das Rumpsteak etwa, das zart ist wie es sein muß. Oder für den Heilbutt, der gerade eben noch am Grätenwirbel haftet. Und erst für das Lammcarree, das ab zwei Personen mit Gemüse und Herzoginkartoffeln gereicht wird: Das Fleisch nicht bloß zart, sondern rosa wie die Morgenröte, das Gemüse al dente und die Estragonsauce zum Auslöffeln und Zutatenrätseln lecker.

Statt Nachtisch heute bloß ein Kaffee. Wir schwärmen noch ein wenig und wünschen der Karte ein angemessenes vegetarisches Zusatzangebot als einzige Reform. Und schließlich stellen wir fest, daß gleich vor der Tür und der Hochstraße zum Trotz der „Park links der Weser“ zum Verdauungsspaziergang einlädt. ck

Grollander Krug, Oldenburger Straße 11

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen