piwik no script img

Zum Tod von Gillis LundgrenPapa von Billy und Flachpaket

Sein Talent lag im Design montierbarer Möbel: Gilles Lundgren, bedeutender Ikea-Gestalter, ist im Alter von 86 Jahren gestorben.

Revolutionärer Designer: Gillis Lundgren hat bis ins hohe Alter gearbeitet. Foto: IKEA

STOCKHOLM taz | Gillis Lundgren hatte zusammen mit seinem Chef Ingvar Kamprad die ganze Nacht lang an Fotos für den neuen Versandkatalog gearbeitet, als es beim Rücktransport der Möbel ins Lager ein Problem gab: Ein Tisch passte nicht mehr auf die Ladefläche des Autos. Extra noch eine Tour deswegen machen? Nein. Also die Beine abmontieren. „Und da sagte ich zu Ingvar: Warum machen wird das eigentlich nicht sowieso?“, erzählte Lundgren später in einem Interview.

Da könnte man viel Platz sparen, die Versandkosten wären niedriger und die Kunden nähmen der Firma auch noch die Arbeit mit der Montage ab. Gesagt, getan. Der Couchtisch „Lövet“ wurde 1956 das erste montierbare Möbelstück von Ikea. Das Erfolgsrezept der „flachen Pakete“ war geboren.

Lundgren war 1953 als vierter Mitarbeiter des jungen Möbelversandhandels Ikea angestellt worden. Nach einem Technikstudium und einigen Jahren in der Werbebranche sollte er für den jährlichen Katalog verantwortlich sein. Doch sein wahres Talent lag im Design montierbarer Möbel. Hunderte entwarf er, kam mit ständig neuen Ideen und wurde Chef der neuen Designabteilung.

Erstentwurf auf einer Papierserviette

1978 zeichnete er auf einer Papierserviette den ersten Entwurf eines Bücherregals, das sich mehr als 50 Millionen Mal verkaufen, damit zu einem Klassiker und einem Symbol des schwedischen Möbelhauses entwickeln sollte: „Billy“. „Meine Designphilosophie ist, dass die Produkte einfach, praktisch und für alle anwendbar sind“, erklärte Lundgren. Besonders stolz war er auf seinen Schubladenschrank „Tore“. Einige seiner Möbelstücke finden sich mittlerweile regelmäßig in den Katalogen von Kunstauktionsfirmen.

2001 als 72-Jähriger pensioniert, aber weiterhin als Berater für Ikea tätig, erhielt er 2012 den „Tenzing-Preis“ zur Ehrung vorbildlicher Führungskräfte für „sein Auge für Form und Anwendbarkeit“ und für „die Erfindung der flachen Pakete, die zum fantastischen Erfolg von Ikea beitrugen und eine ganze Branche veränderten“. 60 Jahre nach seinem damaligen „Geistesblitz“ verstarb Lundgren 86-jährig da, wo alles begonnen hatte: im småländischen Älmhult.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!