Zum Tod von Brigitte Bardot: Sie hat wohl die Tiere mehr geliebt als die Menschen
Sie widmete ihr Leben dem Tierschutz, politisch driftete sie ins rechtsextreme Lager ab: Die Schauspielikone Brigitte Bardot ist tot.
Sie gehörte weltweit zu den bekanntesten französischen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Am Sonntag ist Brigitte Bardot, 91-jährig, in ihrer Villa in der Nähe von Saint-Tropez gestorben. Als international bewunderter Filmstar, als klischeehaftes Schönheitssymbol und als Ikone neuer Sitten und Freiheiten der 60er-Jahre ist sie in die Geschichte eingegangen. „Wir trauern um eine Legende des Jahrhunderts“, schreiben zum Tod von Bardot die Zeitung Le Figaro, und auch Staatspräsident Emmanuel Macron.
„BB“, wie sie in Frankreich genannt wurde, war als Schauspielerin und Interpretin einiger Chansons mit ihrem Look zunächst ein Aushängeschild einer Epoche, die als Zeit der kulturellen und auch sexuellen Befreiung galt. Als Feministin wollte sie deswegen selber nie gesehen werden. Sie hat sich die Freiheit genommen, die sie für sich wollte, und sie hat stets ohne Rücksicht auf betretene oder empörte Reaktionen gesagt, was sie dachte und wollte. So wurde sie für viele zu einem Vorbild, sie hat damit aber auch andere schockiert. Bardot bleibt eine ebenso bewunderte wie umstrittene Persönlichkeit.
Brigitte Bardot kam am 28. September 1934 als Kind einer wohlhabenden Familie der Pariser Bourgeoisie auf die Welt. Ihr Vater, ein Industrieller, hatte sich nicht ein Mädchen, sondern einen Knaben gewünscht. Ihre Mutter fand ihre Tochter nicht sehr hübsch, weil sie auf einem Auge praktisch blind war und dicke Brillengläser brauchte. Doch die junge Brigitte entpuppte sich als begabte Tänzerin, und als inzwischen sehr fotogene Jugendliche posierte sie für ein Modemagazin. Ein Fotograf des Magazins Paris-Match, Roger Vadim, „entdeckte“ das Talent und das Potenzial der erst 14-Jährigen.
Er wurde ihr Liebhaber, und gegen den Willen der Eltern, der erste Ehemann der noch Minderjährigen. Er drehte mit ihr 1956 in Saint-Tropez den zum Mythos gewordenen Film „Et Dieu… créa la femme“ („Und Gott schuf die Frau“). Sie spielte darin mit ihrer natürlichen Grazie, einer vermeintlichen Unschuld und ihren sexuellen Reizen. Die Szene, in der sie barfuß auf einem Tisch einen Mambo tanzt, war eine cineastische Zäsur.
Nur eine Konkurrentin: Marilyn Monroe
Kommerziell war der Film zu Beginn eine Pleite, nur ein paar Filmemacher der „Nouvelle Vague“ wie Truffaut oder Godard waren begeistert. Doch in den USA machte der Film wegen der gewagten Darstellung schnell Schlagzeilen. Das französische Nachwuchstalent Bardot wurde zum internationalen Star „BB“ und zum Ideal einer neuen weiblichen Schönheit. Das Filmmagazin Les Cahiers du cinéma wagte den Vergleich: „Es gab James Dean, es gibt (jetzt) Brigitte Bardot.“ Weltweit hatte sie damals nur eine Konkurrentin: Marilyn Monroe.
Es folgten Rollen auf Rollen in insgesamt 51 Filmen, illustrierte Reportagen auf Reportagen, Serge Gainsbourg und andere komponierten für sie Lieder, die sie mit ihrer fast kindlichen Stimme für Schallplatten aufnahm. Und auch ihre Partner wechselten in rascher Abfolge. Unter ihnen Filmpartner wie Jean-Louis Trintignant und Jacques Charrier, den sie heiratete und mit dem sie ein Kind, Nicolas, hatte. Ihr dritter Gatte war der deutsche Playboy und Jetsetter Gunter Sachs.
Mit 40 Jahren zog sie sich zurück
Mit nicht einmal 40 Jahren hat sie sich dann aus der Welt des Glamours zurückgezogen. BB wollte wieder Brigitte Bardot werden und sich nicht länger als Sexsymbol vermarkten lassen. Vielleicht ein bisschen zu Unrecht wurde sie deswegen als Stimme einer feministischen Befreiung von sexistischen Klischees gefeiert. Selber hat sie sich über die Feministinnen eher abfällig geäußert.
1973 beendete sie ihre Kinokarriere, anscheinend ohne Bedauern, um sich danach ganz und bis zu ihrem Lebensende dem Kampf für den Tierschutz zu widmen. Auch wollte sie ihr Publikum nicht teilhaben lassen am eigenen Altern in weiteren Kinofilmen und Magazin-Geschichten. Bardot, deren Gesicht und deren volle Lippen bis heute Schönheitschirurgen als Vorlage dienen, hatte stets gesagt, jegliches Lifting abzulehnen.
In den letzten 50 Jahren wurden die von ihr publizierten Bilder rar. Sie lebte zurückgezogen an der Côte d’Azur. Noch bis vor Kurzem aber konnten Fans sie am Straßenrand grüßen, wenn sie in ihrem Auto, begleitet von ihren Setter-Hunden zu ihrer Zweit-Villa, La Garrigue, fuhr, wo sie seit Langem ein Refugium für gerettete Tiere eingerichtet hatte.
Für eine internationale Kampagne gegen die Jagd auf Seehundbabys suchte sie zusammen mit dem Tierschützer Franz Weber dann nochmal die Öffentlichkeit. Sie erreichte 2009 ein europäisches Importverbot für die Felle, die nicht von Ureinwohner*innen gejagt wurden.
Erfolglos blieb dagegen ihr Kampf gegen das rituelle Schlachten von Tieren ohne Betäubung, wie es Tradition beim Aid-el-Kebir-Fest der Muslime ist. Wegen ihrer aggressiven antimuslimischen Äußerungen dazu wurde sie mehrfach gerichtlich verurteilt. 2012 rief sie öffentlich zur Wahl der rechtsextremen Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen auf. Zusammen mit ihrem vierten und letzten Ehemann, Bernard d’Ombale, einem engen Freud des Politikers Jean-Marie Le Pen, wurde Bardot immer mehr der rassistischen Rechten zugeordnet.
In einem als Vermächtnis gedachten Buch „Larmes de combat“ („Tränen eines Kampfs“) schrieb sie 2018, ihr erster Lebensabschnitt (als Filmstar) sei nur ein „erster Entwurf“ gewesen, erst in der zweiten Hälfte habe sie die Antworten auf die früheren Fragen dank ihres Engagements für die Tiere erhalten: „Alles geht von der Überzeugung aus: Die Menschheit ist nicht das Zentrum der Welt, das Tier ist nicht Sklave des Menschen, es zu unterwerfen und zu misshandeln, macht uns unmenschlich.“ Von Brigitte Bardot heißt es in Frankreich, sie habe die Tiere mehr geliebt als die Menschen.
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