Zum Tod der Künstlerin Teresa Burga: Vom Pop zum Konzept
Die peruanische Künstlerin Teresa Burga ist gestorben. In ihrem Werk nahm sie die Dekolonisierung der Kunst vorweg.
„Work that Disappears when the Viewer Tries to Approach it (Proposal III)“: Wenn das nicht reizt, neugierig macht und die Betrachter*innen schnell zu – wenn auch etwas verunsicherten – Mitschaffenden am Kunstwerk macht, was sonst? Das Versprechen, das Kunstwerk verschwinde, sobald man sich ihm nähere, stammt von Teresa Burga, 1935 in Iquitos in Peru geboren und am Donnerstag vergangener Woche in Lima im Alter von 85 Jahren gestorben.
Sie installierte bunte Glühbirnen an der Stirnwand eines dunklen Raums, die aufleuchteten oder erlöschten, je nachdem, wie nah man an das Lichtbild herantrat. Es braucht also Distanz, um das Kunstwerk zu erfahren. Still und devot davorstehen führt aber wiederum nur in die Dunkelheit. Es braucht den Tanz, das ständige Vor- und Zurückschreiten, damit das Werk existiert. Ganz offensichtlich hat Teresa Burga damit das Unwahrscheinliche wahrgemacht und die Konzeptkunst zum Tanzen gebracht.
Das liegt an ihrem künstlerischen Herkommen. Die Mitbegründerin der Gruppe Arte Nuevo (1966–68) und in den 1960er Jahren maßgebliche Figur der peruanischen Kunstszene war stark von Op-Art, Happening und vor allem der Pop-Art beeinflusst. Nach einem Aufenthalt am Chicago Art Institute Anfang der 1970er Jahre wandte sie sich allerdings konzeptuellen Strategien zu. Diesen Übergang vom Pop zum Konzept repräsentiert „Work that Disappears“ aufs Sinnfälligste.
Koloniales Erbe Perus
Ihr multimediales Werk – konzeptuell angelegte, umfangreiche Zeichnungsserien, Datenlisten, Messblätter, großräumige Environments, technische Medien wie Dia- bzw. Videoinstallationen bis hin zu kybernetischen Installationen – steht deutlich im Kontext des kolonialen Erbes Perus.
Als Feministin dekonstruierte sie in ihren Arbeiten die gesellschaftlichen Konventionen ihres Landes, die ethnischen und vor allem geschlechtlichen Erfahrungen, Zuschreibungen genauso wie die besonderen postkolonialen Macht- und Gewaltstrukturen. Zeitgenössische Diskurse über Dekolonisierung der Kunst hat sie in ihrem Werk vorweggenommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“