Zukunft: Strom aus der Ladesäule
Weil Hamburg "Modellregion für Elektromobilität" ist, sollen bis in zweieinhalb Jahren 70 Elektroautos durch die Stadt zuckeln. Ihren Strom sollen sie atom- und kohlekraftfrei an 100 Ladesäulen tanken.
Elektroautos schwärmen durch die Stadt, leise und ohne Kohlendioxid auszustoßen, Stadtbahnen fahren ohne Oberleitungen und Busse mit Hybridantrieb. Wenn es nach der Stadt Hamburg geht, soll das in ein paar Jahren Wirklichkeit sein. Am Freitag hat Umwelt-Staatsrat Christian Maaß (GAL) das Projekt "hh=more" in der Umweltbehörde vorgestellt, bei dem Hamburg als "Modellregion für Elektromobilität" viel Geld dafür bekommt, den Verkehr in der Stadt klimafreundlicher zu machen.
Die Ausmaße des Modells sind allerdings überschaubar: 70 Elektroautos sollen Ende 2011 durch Hamburg fahren, außerdem 20 Hybridbusse, die teils durch Dieselmotoren, teils durch Brennstoffzellen angetrieben werden. Zu diesem Zweck arbeitet die Umweltbehörde mit der Hochbahn AG zusammen, die Leitstelle liegt bei der Hochbahn-Tochter Hysolutions, einem Unternehmen, das Brennstoffzellen herstellt.
In der grünen Zukunftsvision ist sogar noch Platz für wasserstoffbetriebene Busse und Elektro-Stadtbahnen, die Energie speichern und keine Oberleitungen brauchen. Im Kern geht es aber vor allem um die Elektroautos. Wegen der geringen Reichweite sind die Batteriemobile zuletzt stark kritisiert worden. Laut Christian Maaß sind sie aber für Städte nützlich, weil man dort nur kurze Wege zurücklegen muss. 80 Kilometer könne man nach derzeitiger Technologie mit den Autos fahren, dann müsste man sie aufladen. Das erledige sich aber auch bald, weil die Batterien immer besser würden.
Finanzierung: Für den gesamten Bereich Elektromobilität stellt die Bundesrepublik 500 Millionen Euro bereit. 115 Millionen davon dienen den Projekten der Modellregionen. Wie viel jede Modellregion genau bekommt, ist noch nicht festgelegt.
Modellregionen im Norden: Neben Hamburg gibt es noch die Region Bremen / Oldenburg. Dort steht aber noch kein Starttermin für das Projekt fest.
Entwicklung: Bundesweit sollen 2020 eine Million Autos mit Elektromotoren unterwegs sein - wenig, wenn man bedenkt, dass 55 Millionen Fahrzeuge gemeldet sind. Für Hamburg spricht die Umweltbehörde von 50.000 bis 100.000 Elektroautos bis 2020.
Maaß weist jedoch auf ein anderes Problem hin: "Es soll nicht das Ziel sein, vom Öl weg zu kommen um dann mit Atomstrom zu fahren." Deshalb muss der Strom für die Batteriefahrzeuge in Hamburg zu 100 Prozent aus regenerativen Energien stammen. Das gilt für den vertraglich festgelegten Stromlieferanten Vattenfall genauso wie für andere Stromanbieter, die in Hamburg Ladesäulen installieren wollen. Vattenfall Hamburg liefert nach eigenen Angaben nur 17 Prozent des Stroms aus regenerativen Energien, trotzdem ist Maaß zuversichtlich: "Die Windenergiebetreiber wissen nachts nicht wohin mit ihrem Strom, davon kann man die Autos gut auftanken." Der Ökostrom fehle auch nicht an anderen Stellen, da es nachts ein Überangebot gebe.
Laut Heinrich Klingenberg, Geschäftsführer von Hysolutions, ist die Versorgung aller Elektroautos mit regenerativen Energien gesichert. Dafür soll auch der stadteigene Ökostromkonzern Hamburg Energie sorgen, der ebenfalls Ladesäulen aufstellen will. 50 der geplanten 100 Stromtankstellen sollen von Hamburg Energie kommen.
Noch steht der Plan ganz am Anfang. Die Wasserstoffbusse müsste man in den nächsten drei bis vier Jahren nachliefern, sagt Günter Elste, Vorstand von Hochbahn. Ob der Schienenverkehr ohne Oberleitungen klappt, weiß auch noch niemand. Eigentlich geht es erstmal darum zu testen, ob alle Fahrzeuge funktionieren wie geplant. Deshalb sind die 70 Elektroautos auch nur Prototypen, die Unternehmen und Behörden ab Sommer 2010 leasen können. Die ersten Serienfahrzeuge gebe es frühestens 2012.
Die Prototypen zumindest baut ein deutsches Unternehmen: Welches das ist, wird nicht verraten, in Umweltbehördenkreisen vermutet man aber BMW. Darüber, ob das Elektroauto für Privatkunden überhaupt rentabel ist, macht man sich bei Hysolutions keine Gedanken. "Die Leihkosten für die Prototypen sind so hoch wie für ein normales Auto", sagt Klingenberg. Das liegt daran, dass die bis zu 45.000 Euro teuren Ökoautos von der Bundesregierung gefördert werden. Die unterstützt das Projekt mit 125 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II. Das Geld muss sich Hamburg mit sieben anderen "Modellregionen" teilen - darunter auch Bremen / Oldenburg.
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