Zukunft von Suhrkamp: Hoffnung in letzter Sekunde?
Der ehemalige Kulturstaatsminister Naumann soll im Streit um den Suhrkamp-Verlag vermitteln. Gesellschafter Barlach hält ihn für ungeeignet.
Im Rechtsstreit um den Suhrkamp Verlag hat die Familienstiftung unter Ulla Unseld-Berkéwicz dem Minderheitsgesellschafter Hans Barlach ein Gesprächsangebot gemacht, bei dem der ehemalige Kulturstaatsminister Michael Naumann vermitteln soll.
Der Verlag teilte mit, dass die Familienstiftung Naumann zum Mediator bestellt hat. Vergangene Woche hatte der Schweizer Schriftsteller und Suhrkamp-Autor Adolf Muschg im Alleingang schon Joachim Gauck als Vermittler vorgeschlagen.
Der Verlag hofft, dass das Gespräch mit Naumann als Vermittler „so bald wie möglich“ stattfinden wird. Naumann habe zu Barlach bisher allerdings keinen Kontakt aufnehmen können.
Naumann sieht Missverständnisse auf beiden Seiten und sprach sich dafür aus, „dass der Suhrkamp Verlag existiere“. Niemand wolle, dass der Verlag im Sinne des Gesellschaftsrechts liquidiert wird. Die Geschäftsführung des Suhrkamp Verlags, der neben Unseld-Berkéwicz noch Jonathan Landgrebe und Thomas Sparr angehören, war vergangene Woche vom Berliner Landgericht abberufen worden. Suhrkamp hatte Berufung angekündigt.
„Einseitig informiert“
Barlach reagierte am Dienstag mit einem Brief an Naumann, der der taz vorliegt, in dem er Naumann vorhielt, „einseitig informiert“ zu sein und mit „Krawall-Stellungnahmen“ im Deutschlandradio und einem Artikel im Magazin Cicero „offen für die Familienstiftung und die Geschäftsführung der Suhrkamp Verlagsgruppe Stellung“ zu nehmen. „Damit machen Sie sich selbst als Mediator ungeeignet.“
Ob es mit dem Gesprächsangebot der Familienstiftung einen Hoffnungsschimmer in der Auseinandersetzung der Gesellschafter gibt, die sich seit dem Berliner Urteil erneut zugespitzt hatte, bleibt daher bis auf weiteres offen. Da im Februar in einem anderen Verfahren am Landgericht Frankfurt am Main die Entscheidung über Barlachs Antrag auf Auflösung der Kommanditgesellschaft erwartet wird, böte ein Gespräch die Möglichkeit einer Einigung. Die vorangegangenen Versuche einer außergerichtlichen Einigung waren bis jetzt gescheitert.
Peter Handkes Angebot
Unterdessen hat sich auch der Suhrkamp-Autor Peter Handke zu Wort gemeldet und Barlach in einem Beitrag für die Zeit scharf angegriffen. Barlach strebe im Verlag nach der alleinigen Macht und sei „ein von Grund auf Böser, ein Abgrundböser. Ein Unhold. Und der steht auf dem Boden des Rechts? Er wühlt darin, läßt darin wühlen die Horde der schwerbezahlten Mit-Unholde. Nicht recht so“. Barlach habe „von Anfang an keinen guten Willen gezeigt“ und sei „voll, prall, aufgeblasen prall des bösen Willens“.
Handke wandte sich zudem gegen die Berichterstattung über Unseld-Berkéwicz. Über seine Verlegerin werde ein „böses Märchen“ verbreitet, sodass die Öffentlichkeit denken müsse: „Reiner Horror, diese Frau!“
Zugleich machte auch Handke dem Enkel des Bildhauers Ernst Barlach ein eigenes Friedensangebot. Hans Barlach solle sich mehr um das literarische Werk seines Großvaters bemühen, und zwar in einem „neuen Verlag“ – Barlachs literarisches Schaffen erscheint derzeit im Piper Verlag. Handke zeigte sich vor diesem Hintergrund bereit, Ernst Barlachs Drama „Der blaue Boll“ aus dem Deutschen in andere Sprachen zu übersetzen.
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