piwik no script img

Zucker e.V. kämpft für FreiräumeKein Bock auf Party

Der Kulturverein Zucker e.V. will das leer stehende Lankenauer Höft mit Kunst und Partys wiederbeleben. Doch es gibt Widerstand durch AnwohnerInnen und CDU

Früher gabs hier Ruhe und Nordseescholle, bald vielleicht Kunst und Musik: das Lankenauer Höft Foto: ZZZ Bremen

Bremen taz | Es gibt Streit um das Lankenauer Höft in Woltmershausen. Der Kultur- und Partyverein Zucker e. V. will das zurzeit leer stehende Areal mit Leben füllen. Doch neben Sicherheitsbedenken von der CDU gibt es Widerstand von überwiegend älteren BewohnerInnen aus Woltmershausen, die um ihre Ruhe und Naherholung fürchten.

Das Lankenauer Höft ist ein traditionelles Ausflugsziel – 39 Jahre lang gab es auf der Weser-Halbinsel einen Restaurantbetrieb. In diesem Sommer drohte jedoch der Leerstand, weil die Stadt Bremen den Vertrag mit dem Pächter des Restaurants zum Jahresende 2016 auslaufen ließ. Stattdessen wollte die Stadt das Areal mit einem Investor langfristig entwickeln. Der wiederum sprang jedoch im Frühjahr ab. Seitdem ist die Zukunft des Höfts unklar.

Bremens Zuckerwerk, eine Verein von über 50 KünstlerInnen zur Schaffung eines soziokulturellen Zentrums und dem Erhalt des „Zucker“-Clubs, sucht seinerseits seit mehreren Jahren ein Clubgebäude. Der geplante und von der Stadt angebotene Kauf eines alten Bunkers in Überseestadt verzögert sich aufgrund der Klagen von anliegenden Unternehmen. Zuletzt erhielt das Zuckerwerk den Zuschlag für die Nutzung des Höfts in der Saison 2017. Doch obwohl die von Mai bis Oktober läuft, ist der Ort noch ungenutzt.

Der Grund dafür ist Widerstand im Ortsbeirat. Zu beobachten war das vergangene Woche auf der Sondersitzung des Beirats Woltmershausen: Die CDU forderte auch für eine temporäre Nutzung Genehmigungen und Gutachten über den Zustand des Lankenauer Höfts. „Da der letzte Pächter das Gebäude komplett entkernen musste, hängen viele lose Kabel aus der Decke, und der Fußboden ist eine Stolperfalle“, erklärt Waldemar Seidler, CDU-Beiratssprecher, „gerade wenn auch Kinder und Alte mitmachen sollen, ist das unverantwortlich. Und die Behörden schieben sich gegenseitig die Schuld zu.“

„Das wirkt auf sie wie Sperrmüll“

Die bestreiten das. Tim Cordßen, Sprecher des Wirtschaftssenators, sagt: „Für eine Zwischennutzung ist das Gebäude absolut geeignet. Bei den hängenden Kabeln handelt es sich nur um ein paar abgeschraubte Lampen“. Er befürchtet, dass Veranstaltungen am Höft der Politik zum Opfer fallen: „Im Beirat geht es wegen der langfristigen Nutzung des Lankenauer Höfts gerade hoch her. Es wird nur leider auf dem Rücken des Zuckerwerks ausgetragen.“

Akifa Taxim vom Zucker e. V. sieht das ähnlich. „Eine Zwischennutzung ermöglicht ja eigentlich provisorische, kreative Nutzung. Das wird jetzt bürokratisch ausgebremst, und deswegen konnten wir bisher zu den Fährzeiten keine Gastronomie anbieten.“ Taxim hofft dennoch, dass der Verein bald loslegen kann: „Ich kann keinen Stichtag nennen, hoffe aber, dass wir in ein, zwei Wochen alle Genehmigungen haben.“

Eine provisorische und kreative Nutzung wird bürokratisch ausgebremst

Akifa Taxim, Zucker e.v.

Die Nutzung des Lankenauer Höfts durch das Zuckerwerk spaltet die BewohnerInnen des Stadtteils in zwei Lager: Jüngere unterstützten das Konzept für die temporäre Nutzung am Rande der Beiratssitzung, viele Ältere protestierten dagegen, ein Bürger sprach sogar von einer „feindlichen Übernahme“.

Waldemar Seidler betont, die CDU sei nicht gegen das Zuckerwerk, äußert aber auch Verständnis für SkeptikerInnen: „Der Bürgermeister hatte versprochen, sich für den Erhalt des dortigen Restaurants einzusetzen, aber passiert ist nichts. Die meisten Älteren wollen ihre Ruhe haben und können mit lauten Partys und moderner Kunst nichts anfangen. Das wirkt auf sie wie Sperrmüll.“

Das Zuckerwerk verweist darauf, dass ohnehin geplant sei, die Hälfte des Programms mit Ideen aus dem Stadtteil zu füllen. „Etwa alle zwei Wochen wird es ein offenes Plenum geben, bei dem AnwohnerInnen Ideen einbringen können. Wir haben schon von AmateurfunkerInnen gehört und Menschen, die künstlerische Seminare für Kinder planen“, sagt Akifa Taxim, „wir wollen niemandem etwas wegnehmen, sondern haben sehr viel Lust, den Ort zusammen mit allen hier wieder mit Leben zu füllen.“

Taxim zumindest ist davon überzeugt, das viele WoltmershausenerInnen das auch wollen: „Wir bekommen viele positive Rückmeldungen aus dem Stadtteil. Ich gehe fest davon aus, dass wir großes Engagement erleben werden.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Jausa, das ist Bremer Stadtentwicklung vom Feinsten:

     

    Ein alteingesessener und weithin beliebter Gastro- Betrieb verliert seine Existenz weil etwas geplant und nicht realisiert wurde (interessant zu wissen, wie viel und wessen Geld das gekostet hat).

     

    und

     

    etwas kurzfristiges Innovatives kann nicht einziehen, weil das Alte grundlos zerlegt wurde und die Gremien tagen.

     

    Wäre ich der Pächter vom Lankenauer Höft oder das Zuckerwerk, ich würde im Schwall kotzen...