: Zu viele Schulden
Die EU-Kommission startet ein Strafverfahren gegen Österreich. Das Land muss sein Haushaltsdefizit verringern, sonst drohen hohe Bußgelder
Die Europäische Kommission will ein Verfahren wegen zu hoher Staatsverschuldung gegen Österreich einleiten. Das Land überschreite dieses Jahr die EU-Grenzen für ein zulässiges Haushaltsdefizit, teilte die Kommission am Mittwoch mit. Ziel des Verfahrens sei es, das Defizit mittelfristig zu senken. Sollte Wien die Vorgaben nicht innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens erfüllen, drohen Geldstrafen. Bisher wurden solche Sanktionen allerdings nie verhängt.
Die Finanzminister der EU-Staaten müssen dem Verfahren noch im EU-Ministerrat zustimmen. „Die Kommission wird dem Rat vorschlagen, ein Verfahren wegen übermäßigen Defizits gegen Österreich zu eröffnen“, sagte der EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis. Die Einleitung eines solchen Strafverfahrens war von Österreich erwartet worden.
Im vergangenen Jahr belief sich das österreichische Defizit auf 4,7 Prozent der Wirtschaftsleistung – ein klarer Verstoß gegen die EU-Obergrenze von drei Prozent. Auch für die kommenden Jahre sieht die Kommission keine Entspannung: Für 2025 wird ein Defizit von 4,4 Prozent erwartet, für 2026 von 4,2 Prozent.
Österreich befindet sich derzeit im dritten Jahr einer Rezession und die Inflation liegt über dem EU-Durchschnitt. Laut Prognose der Kommission wird Österreich 2025 das einzige EU-Land mit einem schrumpfenden Bruttoinlandsprodukt sein – bereits 2024 war die Alpenrepublik mit einem Rückgang von 1,2 Prozent das Schlusslicht in der Union.
Österreichs Regierung aus konservativer Volkspartei (ÖVP), sozialdemokratischer SPÖ und liberalen Neos hat ein Sparpaket geschnürt und will die Staatsausgaben bis 2029 um 54 Milliarden Euro senken. Zwei Drittel der Einsparungen sollen über Ausgabenkürzungen erfolgen, ein Drittel über zusätzliche Einnahmen. Erst 2028 rechnet das Finanzministerium mit einer Rückkehr auf die Defizitgrenze von drei Prozent.
Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) bezeichnete die Lage der öffentlichen Finanzen laut früheren Angaben als „besorgniserregend“. Verantwortlich seien die schwache Wirtschaft und die Haushaltspolitik der Vorgängerregierung. Ein Defizitverfahren sehe er jedoch gelassen: „Ich habe davor überhaupt keine Angst.“ (rtr)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen