piwik no script img

Zu viel Sojaöl im DieselRegenwald im Tank

Biodiesel tanken - das klingt nach Umweltschutz. Eine Greenpeace-Untersuchung widerlegt das einmal mehr.

Bei Analysen fand Greenpeace 15 bis 20 Prozent Sojaöl im normalen Diesel. Bild: rtr

BERLIN taz Wer sein Auto mit Diesel betankt, schadet der Umwelt mehr, als er das bislang annehmen konnte. Denn Biodiesel, der in jedem Dieseltreibstoff enthalten ist, stammt zum Teil aus umweltschädlichem Sojaöl. Greenpeace hat in einer aktuellen Untersuchung festgestellt, dass Agrodiesel zu einem Fünftel aus dem Sojaprodukt Sojamethylester besteht. Für den Sojabohnenanbau müssen in Südamerika aber große Urwaldgebiete gerodet werden, zum Beispiel in Argentinien (s. Grafik).

Die Umweltorganisation hat für die Untersuchung bundesweit Proben der Mineralölkonzerne Shell, Esso und Aral genommen und auf ihre Zusammensetzung untersucht. Die brachte Erstaunliches zu Tage: Im Biodieselanteil jeder Probe fanden sich zwischen 15 und 25 Prozent Sojaöl - obwohl der derzeitige deutsche Rapsertrag den Bedarf für den gesetzlich vorgeschriebenen Anteil an Biodiesel decken würde.

Und der Importanteil wird weitersteigen. Denn das Bundesumweltministerium plant in seiner "Roadmap Biokraftstoffe" derzeit, den vorgeschriebenen Biodieselanteil von derzeit 4,4 Prozent auf 17 Prozent im Jahr 2020 zu steigern. Weil die hiesigen Bauern nicht viel mehr Raps anbauen können als derzeit, würden sich die Dimensionen umkehren: Statt derzeit 20 Prozent müssten dann fast 80 Prozent des Biodiesels importiert werden. Nach Berechnungen von Greenpeace steigt mit jedem Prozent mehr Bio im Diesel der Sojaanbau um über 7.000 Quadratkilometer. Dafür müssten in Südamerika Sojaplantagen von der Größe Schleswig-Holsteins, Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens angelegt werden. Im Jahr 2020 würden laut Greenpeace rund 4,9 Millionen Liter Sojadiesel benötigt.

Für die argentinischen Bauern bedeutet die steigende Nachfrage ein gutes Geschäft: Sie haben sich in den vergangenen Jahren dem höheren Bedarf angepasst. Für den Chaco-Urwald wäre eine solche Entwicklung jedoch fatal: 10.000 Quadratkilometer Wald fielen in den letzten vier Jahren dem Sojaanbau zum Opfer, rechnet Alexander Hissting, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace und Leiter der Studie vor: "Damit zwingt die Bundesregierung deutsche Autofahrer, den Urwald in Argentinien zu zerstören." SVENJA BERGT

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • K
    Ked

    Ich stimme bernhard wagner zu und möchte ergänzen:

    In den USA beispielsweise erhöhen den Treibstoffverbrauch auch größere Distanzen zwischen Wohnung & Arbeitsplatz und noch schlechter ausgebauter ÖPNV als in Europa (insbesondere durch die Demontage fast aller Straßenbahnen nach dem Verkauf derselben an General Motors etc. im 20. Jh.).

     

    Außerdem hätte schon seit mindestens 10 oder 20 Jahren im großen Stil weltweit damit begonnen werden können, mit Solartechnik aufbereitetes Meerwasser zur Wüstenbewässerung einzusetzen und damit das Problem ebenfalls zu entschärfen, denn eigentlich war es schon lange absehbar.

    Aber - kurz gesagt - die meisten großen Kapitalisten haben kein echtes Interesse daran und die Mehrheit ist zu wenig und zu falsch informiert, bis heute.

  • BW
    bernhard wagner

    Das Problem ergiebt sich in dieser Schärfe auch daraus, dass die Mehrheit der Bevölkerung, der Kfz Hersteller und der Parteien sich bis heute der seit Jahrzehnten wiederholten Aufforderung von Umweltverbänden & Teilen von pol. Parteien widersetzt, den Kraftstoffverbrauch insgesamt drastisch zu reduzieren.

     

    Schon vor ca 10 Jahren hatte z.B. Greenpeace mit dem Modell 'Smile' bewiesen, dass es kein technisches Problem wäre,

    ein immer noch sehr bequemes Fahrzeug durch Erleichterung der Karrosserie etc. im Verbrauch viel sparsamer zu machen.

     

    Deutlich besser ausgebaute ÖPNV und Geschwindigkeitsbegrenzungen hätten (bekanntlich) große zusätzliche schadstoffmindernde Wirkungen.

     

    Übrigens kürzt sich das Problem des statistisch größeren Verletzungsrisikos in leichteren Kfz sozusagen weg, wenn ALLE Pkw entsprechend leichter gebaut, sowie Geschwindigkeiten reduziert und Lkw mehr auf die Schienen verlagert würden, sowie besondere Sicherheitsauflagen wie größere Mindestabstände (insb. für Lkw) eingeführt würden

    - mind. europaweit und

    damit es gleich konkret wird, hier eine online Aktion - speziell zur Absicht von Sarkozy & Merkel, die EU Ziele zur Minderung des CO2 Ausstoßes von Kfz auszubremsen:

    http://www.greenpeace.org/international/campaigns/climate-change/cars/dirty-deal?utm_source=gpi-cyberactivist-list&utm_medium=email&utm_campaign=cars&utm_content=1821261