Zoophile über ihre Leidenschaft: „Man nennt das Liebeskummer“
Sex mit Tieren steht jetzt generell unter Strafe. Ist doch auch pervers, sagen viele. Für Oliver Burdinski und Kurt Gehrl aber ist das eine Katastrophe.
Es war nicht einfach, dieses Gespräch zu organisieren: zwei Zoophile treffen, mit ihnen über ihre Lust reden, über Sex mit Tieren. Menschen also, die in weiten Teilen der Gesellschaft als pervers gelten. Im Dezember 2012 hat der Bundestag das Tierschutzgesetz verschärft. Bis dahin war Sex mit Tieren nur verboten, wenn dadurch Tieren "erhebliche Verletzungen" zugefügt wurden. Seit 1969 schon, als das Sexualstrafrecht liberalisiert wurde. Nun steht Sex mit Tieren wieder generell unter Strafe. Den Zoophilen drohen Bußgelder bis zu 25.000 Euro. Vergangenen Freitag dann segnete der Bundesrat die Gesetzesnovelle ab.
Es geht, auch wenn man es selbst kaum nachvollziehen kann, um das Liebesleben von Menschen zu Hunden – jemanden zu finden, der darüber reden möchte? Schwierig.
Aber es gibt Zoophile – auch Sodomisten genannt –, die darüber reden wollen, gerade jetzt, weil ihre Leidenschaft, die sie als ganz und gar nicht pervers empfinden, bestraft wird. Oliver Burdinski und Kurt Gehrl sind schließlich bereit für dieses Gespräch. Burdinski mit seinem echten Namen, Gehrl unter Pseudonym. Auch der Ort, an dem das Treffen stattfindet, muss geheim bleiben. Burdinski hat sogar meine Festnetznummer zurückverfolgt, erzählt er später, um meine Identität zu prüfen und auszuschließen, dass ich eine militante Tierschützerin bin.
Kurt Gehrl treffe ich auf einem Provinzbahnhof. Er ist Mitte zwanzig, dunkelhaarig, mit auffallend dichten Augenwimpern. Wo er lebt, was er macht – er sagt nichts darüber. An der Bushaltestelle seines Dorfs erwartet uns Oliver Burdinski. Die Vorstellung, dass er – grauer Bart, stattliche Statur, Typ gesetzter Familienvater – Sex mit seinen Hunden hat, ist außerordentlich verstörend.
Er führt uns zu seinem Haus an der Hauptstraße, es ist klein und heruntergekommen, die Treppe weiß von Huskyhaaren. Wir setzen uns nach oben ins Wohnzimmer. Ein runder Holztisch, drei Stühle. Es stinkt durchdringend nach Hund. Kurt Gehrls Hände zittern, als er nach einer Teetasse greift, auf der ein Wolf abgebildet ist.
sonntaz: Haben Sie keine Lust mehr auf Menschen? Tiere sind ehrlich, stellen keine Forderungen – geht es Ihnen darum?
Kurt Gehrl: Also erst mal: Zoophilie ist keine Ideologie. Wir haben uns das nicht ausgesucht, und wir können auch nicht aufhören, es zu sein. Wir können nur versuchen, einen ethischen Umgang damit hinzubekommen. Das, was Sie beschreiben, ist eher eine Folge unserer Zoophilie, aber keine bewusste Entscheidung.
Wann haben Sie angefangen, sich für Tiere zu interessieren?
Gehrl: So mit 14. Kennen Sie noch Herkules oder Xena?
Nein.
Gehrl: Das waren Fernsehserien auf RTL, in denen auch Zentauren vorkamen. Die haben mich fasziniert. Später hatte ich dann ein Computerspiel mit einer 64 mal 64 Pixel kleinen Zentaurengrafik, also wirklich sehr winzig. Ich habe nebenbei an mir rumgespielt und tatsächlich beim Anblick dieser Zentauren meinen allerersten Orgasmus gehabt.
Nicht gerade das, womit man auf dem Schulhof prahlt.
Gehrl: Ich habe mir dann eine Bravo gekauft. Ich wollte wissen, ob ich auch einen Orgasmus bekommen kann, wenn ich eine nackte Frau sehe.
Und?
Gehrl: Nicht möglich. Das ist auch heute noch so: Ich finde Frauen nicht attraktiv. Heidi Klum oder Angela Merkel haben für mich die gleiche Anziehungskraft: keine. Also habe ich mir im Internet Furry-Pornos besorgt, das sind Zeichentrickfilme mit anthromorphen Tieren.
Anthromorph?
Gehrl: Tierwesen mit zwei Beinen und der Statur eines Menschen. Mit denen habe ich meine Sexualität ausgelebt. Ich habe ziemlich viele Pornos angeschaut. Bis ich gläubiger Christ wurde und zu den Jesus-Freaks gegangen bin.
sonntaz
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Einer streng gläubigen Jugendbewegung. Haben Sie denen von Ihrer Vorliebe erzählt?
Gehrl: Ja. Und ich habe in einem Forum gepostet: Bitte betet dafür, dass Gott mich von meiner Sodomie befreit. Dummerweise haben das Freunde von mir gelesen, die meinen Nicknamen kannten. Die haben sich darüber lustig gemacht: Haha, der fickt Tiere!
Wie sind Sie da wieder rausgekommen?
Gehrl: Ich hatte Glück. Einer meiner besten Freunde hat denen erzählt: Der ist doch gläubig, für den ist schon Homosexualität Sodomie. Beides war ja früher im Paragrafen 175 als „Unzucht“ verboten.
Herr Burdinski, was denken eigentlich Ihre Nachbarn?
Oliver Burdinski: Dass mein Mitbewohner und ich schwul sind. Er ist nur gerade nicht da, weil er Journalisten nicht so gern hat.
Verzeihen Sie die direkte Frage, aber: Wie haben Sie Sex mit Ihren Hunden?
Burdinski: Ich bin da passiv. Wenn wir Analverkehr haben, lasse ich mich von ihnen besteigen. Ansonsten befriedigen wir uns mit der Zunge oral. Mit Hündinnen oder Stuten hatte ich auch schon Erfahrungen, aber das ist eher weniger mein Ding.
Penetrieren Sie Ihre Rüden auch?
Burdinski: Nee. Ich habe von anderen mitbekommen, dass das geht, aber die wenigsten Rüden mögen das. Es wäre schon ein extremer Zufall, auf einen solchen Rüden zu stoßen. Aber es ist auch nicht so mein Fall.
Hatten Sie irgendwann auch mal etwas mit Frauen?
Burdinski: Ich war längere Zeit mit einer Frau zusammen.
Gehrl: Und ich im Studium. Ich hatte an der Uni einen Job als Tutor. Ein Mädchen war in allen meinen Sprechstunden, sie hat sich immer wieder gemeldet. Sie war eher so eine graue Maus, zumindest haben mir das andere gesagt. Ich dachte: Okay, du könntest jetzt eine Freundin haben.
Und wie lief es?
Gehrl: Es ist ziemlich in die Hose gegangen. Wir haben miteinander geschlafen, aber ich bin einfach nicht gekommen. Es hat dann auch nur drei Monate gehalten.
Haben Sie gedacht, dass Sie irgendwie anders ticken?
Gehrl: Nein. Ich glaube, jeder geht erst einmal davon aus, dass er hetero ist. Später kamen Erfahrungen mit Männern dazu. Aber erst als ich im Tierheim Gassi-Geher wurde, habe ich festgestellt, dass mich Tiere anziehen. Ich habe mich in den ersten Hund, den sie mir gegeben haben, sofort verliebt. Immer nach dem Gassi-Gehen haben wir uns dann hingesetzt, ein bisschen gekuschelt, geknuddelt, das war aber alles total asexuell, der Rüde war auch kastriert.
Hatten Sie Angst, dass Sie jemand sieht?
Gehrl: Ja, vor allem, als wir angefangen haben, uns zu küssen. Er hat mir über den Mund geleckt und irgendwann haben sich unsere Zungen berührt.
Haben die Pfleger etwas bemerkt?
Gehrl: Ich hatte keine Ahnung von Hunden. Also habe ich ihm keine Grenzen gezeigt. Er wurde zu selbstbewusst, und so haben sie ihn mir weggenommen. Das war schlimm. Ich glaube, man nennt das Liebeskummer.
Wann wussten Sie denn, dass Sie zoophil sind?
Gehrl: Ich bin auf den Verein Zeta gestoßen, „Zoophiles Engagement für Toleranz und Aufklärung“. Ich wollte das auch ethisch für mich auf die Reihe kriegen. Zoophilie mag schön sein, aber es ist auf jeden Fall nicht „normal“.
Tierschützer sagen, dass Tiere kein Einverständnis geben können.
Gehrl: Das bezweifle ich, denn ein Tier kann das mit seinem Verhalten deutlich zeigen. Und außerdem: Gibt ein Tier eigentlich sein Einverständnis dazu, wenn es kastriert wird?
Sie sagen auch, dass es artwidrig ist.
Gehrl: Ja, und das ist genau die gleiche Argumentation wie bei Homosexuellen: Das ist Unzucht, wider die Natur, zum Arterhalt nicht vorgesehen.
Wann hatten Sie schließlich Ihr erstes Mal mit einem Tier?
Gehrl: Das ist jetzt ein paar Monate her. Ich habe mich zunächst mit ein paar anderen Zoophilen getroffen, um diese kennenzulernen. Einer erlaubte mir dann explizit, mit seinem Rüden erste Erfahrungen zu machen, wenn der Hund das auch möchte. Nachts lagen wir zwei dann zusammen, und ich habe ihn oral befriedigt.
Wie alt waren Sie, als Sie zum ersten Mal Sex hatten mit einem Hund, Herr Burdinski?
Burdinski: Da war ich 15 Jahre alt. Ich und mein Schäferhund hatten schon ein paar orale Erlebnisse, und er hat öfter probiert aufzureiten. Als ich dann gemerkt habe, dass der das will und auch geil war, habe ich das zugelassen. Ich war bei meinen Eltern, zu Hause im Kinderzimmer, aber zum Glück hatte ich die Tür abgeschlossen.
Hatten Sie Angst?
Burdinski: Ich habe mir darüber überhaupt keine Gedanken gemacht. Es gab ja auch noch kein Internet, über das ich mich hätte informieren können. So war ein gewisser Überraschungseffekt dabei. Ich hatte noch nie eine Hundepaarung gesehen, ich wusste also nicht, dass der Hund eine halbe Stunde braucht, bis er fertig ist und die ganze Zeit in einem steckt. Das war auf der einen Seite natürlich extrem geil, aber es gab dabei schon auch ein paar Panikmomente: Oh Gott, das hört ja nie auf!
Haben Sie Angst davor, Herr Gehrl?
Gehrl: Ich habe Respekt. Vielleicht sollte ich mit einem Dildo üben und es beim ersten Mal lieber mit einem kleineren Rüden versuchen.
Glauben Sie nicht, dass der Hund lieber mit einer Hündin schlafen würde?
Burdinski: Nein, nach so vielen Jahrtausenden der Domestizierung sind wir Menschen für den Hund doch nichts anderes als Rudelmitglieder, wir sind also so etwas wie andere Hunde. Darum ist es aus Sicht des Hundes überhaupt kein Problem, Sex mit einem Menschen zu haben. Wir sind schließlich Artgenossen. Nur wenn das höher gestellte Rudelmitglied sagt: Ich will das nicht, dann wird das auch nicht ausgelebt.
Kann ein Hund zwischen Zoophilie und Nichtzoophilie unterscheiden?
Gehrl: Er hat diese Begriffe ja nicht. Er unterscheidet es über die Art, wie man mit dem Hund umgeht. Da gehört der Blick dazu. Ich schaue einen Hund garantiert anders an als Sie.
Burdinski: Hunde haben einen viel besseren Geruchssinn als Menschen. So bekommen sie sogar feinste Ausströmungen von Geruch mit, Pheromone. Sie riechen, wenn man sie attraktiv findet.
Gehrl: Sie riechen zum Beispiel den Lusttropfen.
Erkennen Sie andere Zoophile?
Burdinski: Man neigt da sehr gern zu Spekulationen. Wenn eine Frau mit einem großen, attraktiven Rüden allein im Wald spazieren geht, fangen die Gedanken sofort an zu rattern. Aber das meiste ist wahrscheinlich Wunschdenken.
Tierärzte werfen Zoophilen vor, dass sie ihre Hunde vergewaltigen.
Burdinski: Hunde, die für Zoophile interessant sind, sind mindestens mittelgroß, dreißig Kilo aufwärts. Praktisch unmöglich, mit denen etwas zu machen, was denen nicht gefällt. Hunde können sich wehren. Das sind Raubtiere. Die können fingerdicke Äste durchbeißen, ohne dass sie sich groß anstrengen müssen. Wir gehen jetzt mal nicht davon aus, dass jemand so brutal ist und den Hund fesselt.
Gibt es das?
Burdinski: Ja, aber das sind Sadisten, das hat mit Zoophilie nicht viel zu tun. Wir vom Zeta-Verein haben auch schon zwei Männer, die Hunde vergewaltigt haben, angezeigt und so hinter Gitter gebracht. Nur: Solche Fälle sind schon über das jetzige Tierschutzgesetz abgedeckt, dafür brauchen wir kein Zoophilie-Verbot.
Weiß Ihre Tierärztin eigentlich Bescheid?
Burdinski: Ja. Am Anfang war sie schockiert. Ich habe sie dann gefragt: Sieht der Hund so aus, als ob ich ihn täglich in den Arsch ficken würde? Inzwischen kann sie damit umgehen, denn sie sieht ja, dass es ihm gut geht.
Gehrl: Deshalb war es uns auch so wichtig, dass Sie Olivers Hunde kennenlernen. Man sieht doch, dass es ihnen gut geht.
Der Rüde liegt seit einiger Zeit auf dem Sessel und döst. Er ist 13 Jahre alt, mager von einer Krebserkrankung, ein ruhiges Tier, zutraulich. Es sieht so aus, als würde es ihm gut gehen.
Zoophile werden oft mit Pädophilen verglichen.
Burdinski: Pädophile vergreifen sich an Wesen, die noch keine Sexualität haben, während Hunde durchaus eine Sexualität haben.
Sind Sie pervers?
Gehrl: Ich würde unser Verhalten erst mal als gesund bezeichnen, solange man sich und anderen kein Leid zufügt. Werden Tiere verletzt, ist das was anderes. Dann ist wohl eine Therapie nötig.
Der Sexualwissenschaftler Martin Dannecker sagte mir in einem Gespräch, dass ich mir Sex wie eine Bühne vorstellen müsse. Bei Perversionen wie der Zoophilie würden dort Erlebnisse aus der Kindheit verarbeitet.
Gehrl: Ich kann mich an keine derartige Situation in meiner Kindheit erinnern, die ich mit einem Tier gehabt hätte. Nichts, was ich verarbeiten müsste.
Burdinski: Ist bei mir auch so. Aber ich glaube, das ist viel zu kurz gedacht. Bei Homosexuellen sagt man ja auch nicht: Die hatten irgendein Erlebnis in der Kindheit, so entsteht eine Neigung. Damit macht man es sich zu einfach.
Was denken Sie? Wie kommt diese Neigung zustande?
Gehrl: Ich bin wirklich brennend interessiert an einer Antwort. Ich würde mich auch der Forschung zur Verfügung stellen. Aber solange man nicht genügend darüber weiß, glaube ich kaum, dass ein Urteil möglich ist.
Wie sehen Ihre sexuellen Fantasien aus?
Gehrl: Ich denke an das Gefühl von Abhängigkeit und Kontrollverlust, wenn der Rüde in mir hängt und ich ihm vertrauen muss, dass er nicht plötzlich losrennt. Was wichtig ist: In diesen Fantasien bin ich der Abhängige, nicht umgekehrt. Der Hund bestimmt, was passiert, nicht ich.
Burdinski: Die Fantasien sind stärker, solange man kein Tier hat. Als mein erster Schäferhund gestorben ist und ich über Jahre eine Freundin hatte, war ich irgendwann neidisch auf jeden Hundehalter. Sobald ich einen attraktiven Hund gesehen habe, fingen die Gedanken wieder an.
Gehrl: Der verstohlene Blick zwischen die Beine …
Burdinski: Das ist wohl genau so.
Gehrl: … wie ein Mann, der einer Frau auf den Hintern schaut.
In Oliver Burdinskis Dorf geht allmählich die Sonne unter. Aber die anderen Hunde soll ich noch sehen. Burdinski öffnet die Tür, drei Huskys springen heraus. Sie sind jung und ungestüm, hüpfen auf und ab, hecheln, Hunde eben. Angst vor Menschen, Angst vor mir haben sie nicht. Zumindest wirken sie nicht so.
Sie haben angekündigt, eine Verfassungsbeschwerde einzulegen, wenn Sex mit Tieren in der Neuregelung des Tierschutzgesetzes verboten wird.
Burdinski: Ja, weil es sich um ein Moralgesetz handelt – die Gesellschaft findet das eben eklig, und wir sollen diskriminiert werden. Mit Tierschutz hat das nichts zu tun. Tierquälerei ist ja heute schon strafbar. Jetzt geht es um den Akt an sich, auch wenn er den Tieren gefällt.
Gehrl: Wo kein Schaden entsteht, ist ein Verbotsgesetz immer ein Moralgesetz.
Herr Burdinski, Sie haben eingewilligt, in diesem Interview Ihren echten Namen zu nennen. Michael Kiok, der Vorsitzende des Zeta-Vereins, hat großen Ärger mit seinen Nachbarn und seinen Arbeitgebern bekommen, als er in der Öffentlichkeit aufgetreten ist. Es wurden schon mehrere Demos organisiert, vor seinem Haus, vor seiner Arbeitsstelle. Befürchten Sie nicht, dass Ihnen genau das auch widerfahren wird?
Burdinski: Es ist ein kalkuliertes Risiko. Ich rechne durchaus damit, dass mich die Wut fanatischer Tierrechtler treffen kann. Aber ich kann schlecht damit leben, dass wir Zoophile so behandelt werden.
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