Zollstreit zwischen Türkei und USA: US-Produkte werden sehr viel teurer
Wie du mir, so ich dir: Die Regierung in Ankara erhebt nun ihrerseits Strafzölle gegen die USA, unter anderem auf Autos und Alkohol.
Der Showdown zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdoğan geht weiter. Nachdem Trump am vergangenen Freitag angekündigt hatte, dass die Strafzölle für Stahl und Aluminium aus der Türkei verdoppelt würden, ließ Erdoğan Mittwoch früh zurückschlagen: Die Türkei, kündigte Erdoğans Sprecher İbrahim Kalin an, werde ihrerseits Strafzölle gegen diverse Produkte aus den USA verhängen, darunter auf Autos, alkoholische Getränke, Tabak und Kosmetikartikel.
Vor allem für Whiskytrinker in der Türkei ist das eine verheerende Nachricht. Die von der islamistischen Regierung sowieso schon mit hohen Steuern belegten alkoholischen Getränke dürften sich nun noch einmal dramatisch verteuern. Auf alle Einfuhren von alkoholischen Getränken aus den USA wird der türkische Zoll 140 Prozent draufschlagen, auf Autos, Tabak und Kosmetika etwas weniger. Da in der Türkei kaum noch amerikanische Autos fahren und auch Kosmetika aus den USA praktisch keine Rolle spielen, trifft es nicht ganz zufällig den Jonny-Walker-Trinker und Marlboro-Raucher – beides Merkmale, die vor allem auf innenpolitische Gegner Erdoğans zutreffen dürften.
Kurs der Lira erholt sich
Abgesehen davon signalisierte Erdoğan damit noch einmal ganz deutlich, dass er im Streit mit Trump zumindest im Moment nicht bereit ist nachzugeben. Dabei kommt ihm zu Hilfe, dass der rasante Kurssturz der Lira, der am vergangenen Freitag nach der Ankündigung der US-Strafzölle eingesetzt hatte und bis Montag in nur zwei Tagen mehr als 20 Prozent des Wertes der türkischen Lira aufgefressen hatte, sich am Dienstag und Mittwoch wieder umgekehrt hat. Die Lira erholte sich gegenüber dem Dollar von 7 Lira auf 6 Lira und gegenüber dem Euro von 8 auf 7 Lira.
Doch diese Momentaufnahme kann sich schnell wieder in ihr Gegenteil verkehren. Trump drohte bereits mit neuen Maßnahmen gegen die Türkei. Seine Sprecherin sagte, der Präsident sei wirklich sehr frustriert darüber, dass der in der Türkei inhaftierte US-Pastor Andrew Brunson immer noch nicht freigelassen wurde.
Die anhaltende Inhaftierung des evangelikalen Pastors war das letzte auslösende Moment, das die seit Langem schwelende Krise zwischen beiden Ländern zu einem offenen Schlagabtausch gemachte hatte. Dass der sich weiter fortsetzen wird, machte am Mittwoch die Entscheidung des für Brunson zuständigen Haftrichters deutlich, der wohl auf politische Anweisung aus Ankara erneut einen Antrag auf Freilassung von Brunson ablehnte.
Erdoğan erhält Unterstützung aus Katar
Zur Unterstützung von Erdoğan kam am Mittwoch der Emir von Katar, Scheich Tamim ben Hamad al-Thani, nach Ankara, um sich mit dem türkischen Präsidenten zu treffen. Die reichen Katarer sind die Einzigen, die wohl noch bereit sind, Erdoğan mit frischem Geld zu versorgen, denn als Katar im Juli 2017 von Saudi-Arabien mit einer Blockade belegt wurde, war die Türkei der einzige Staat im Nahen Osten, der sich offensiv mit Katar solidarisierte.
Aber auch aus Europa kamen jetzt Töne, die sich eher gegen Donald Trump als gegen Recep Tayyip Erdoğan richteten. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte schon am Montag erklärt, dass sie sich eine stabile Türkei wünsche, und war deshalb in der türkischen Presse geradezu euphorisch gefeiert worden. Am Mittwoch wollte Erdoğan deshalb noch mit ihr telefonieren, am Donnerstag soll ein Telefonat mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron folgen.
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