Zoff ums Betreuungsgeld: SPD droht mit Verfassungsklage
Sobald der Gesetzentwurf zum Betreuungsgeld vorliegt, will die SPD möglicherweise in Karlsruhe dagegen klagen. CSU-Chef Horst Seehofer sieht wegen des Themas gar die Koalition gefährdet.
BERLIN afp/dapd | Im Streit um das Betreuungsgeld droht die SPD mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. „Das Betreuungsgeld ist bildungspolitisch falsch und verfassungsrechtlich fragwürdig“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, der Bild am Sonntag. „Wir werden eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht prüfen, sobald der Gesetzentwurf vorliegt.“
Mit diesem könnte es allerdings noch eine Weile dauern. Offenbar will Bundesfamilienministerin Kristina Schröder vorerst keinen Gesetzentwurf für eine Regelung zum Betreuungsgeld vorlegen. Die CDU-Politikerin möchte laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins Spiegel stattdessen intern dafür plädieren, dass sich eine Arbeitsgruppe der Koalition mit der Erarbeitung des Entwurfs beschäftigt, die beispielsweise aus Spitzenleuten der Fraktionenvon CDU, CSU und FDP bestehen könnte.
Schröder wolle so verhindern, dass die Kritik an der umstrittenen Regelung sich an ihrer Person entlädt. Sie schließt zudem nicht aus, dass ihr Gesetzentwurf bei der Rechtsprüfung durch die Regierung gestoppt wird. Angesichts von Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Pläne verwies Schröder in der Welt auf die Prüfung durch das Justiz- und das Innenministerium als zuständige Verfassungsressorts: „Die bekommen den Entwurf bevor er zum Gesetz wird. Und die beurteilen dann die Verfassungsmäßigkeit“, sagte sie.
Seehofer: Koalition steht auf dem Spiel
Der Streit in der Koalition spitzt sich immer weiter zu. CSU-Chef Horst Seehofer sieht deshalb gar die Regierungskoalition in Gefahr. „Das Betreuungsgeld wird und muss kommen“, sagte der bayerische Ministerpräsident der Wirtschaftswoche. „Eine Regierung, die ihre eigenen Beschlüsse nicht umsetzt, braucht man nicht.“ Sollte das Betreuungsgeld nicht zustande kommen, wäre dies „mehr als ein Scheitern dieses Projektes“, warnte er.
Laut Seehofer wäre es bei einem Scheitern des Betreuungsgeldes nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Vereinbarung wackelt. „Und dann ist es nicht mehr weit bis zu dem Punkt, dass in der Koalition gar nichts mehr durchgesetzt wird.“ Dann seien auch die anderen Bestandteile des Koalitionskompromisses vom November - die Steuerentlastung, die Reform von Pflegeversicherung und Zuwanderungsrecht sowie Verkehrsinvestitionen gefährdet.
Das Betreuungsgeld ist für Eltern vorgesehen, die ihre Kleinkinder selbst zu Hause betreuen oder dies privat organisieren wollen. Die von der CSU geforderte Leistung ist bei der FDP schon länger umstritten, inzwischen drohten aber auch mehrere Unionsabgeordnete mit einem Nein. Allerdings machte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Freitag klar, dass sie die umstrittene Leistung auch gegen den Widerstand in der eigenen Partei durchsetzen wolle.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Tod von Gerhart Baum
Einsamer Rufer in der FDP-Wüste
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
+++ Nachrichten zur Ukraine +++
Gespräche bei der Sicherheitskonferenz