Zoff im Eisschnelllauf: Volle Breitseite
Claudia Pechstein attackiert Teamkollegin Stephanie Beckert. Sie wirft der Olympiasiegerin aus Erfurt „vorsätzliche Arbeitsverweigerung“ vor.
Die Gemüter haben sich noch immer nicht beruhigt. „Das war ein ganz grober Verstoß gegen die Formen des Fair Plays“, sagt Jochen Habermeier der taz. Er managt die Erfurter Eisschnellläuferin Stephanie Beckert, und was ihn umtreibt, ist eine Aussage von Beckerts Rivalin Claudia Pechstein.
Die hatte nach einem verpatzten Teamrennen, das Beckert, Pechstein und Bente Kraus am Freitag zusammen in Heerenveen gelaufen waren, schwere Vorwürfe gegen Beckert erhoben. Deren Leistung grenze an „vorsätzliche Arbeitsverweigerung“, postete Pechstein.
„Ich will in einem Team laufen, wo Erfolg, Ruhm und Ehre der wichtigste Aspekt sind und nicht das Einstecken von Antrittsprämien“, giftete sie dann am Sonntag in einer Boulevardzeitung. Beckert habe angeblich Teamtrainings geschwänzt, behauptete Pechstein und erneuerte ihre Kritik an der Kollegin. Eine Entschuldigung? Nicht mit Pechstein.
Ausgelebte Streitlust
Beide Läuferinnen sind sich seit längerem nicht grün, aber das ist nichts Besonderes, denn ernsthafte Freundschaften, heißt es, pflege in der Szene kaum noch jemand mit Pechstein, 41. Während diese keine Gelegenheit auslässt, ihre Streitlust auszuleben, erduldet Beckert Pechsteins Volten still. Auch zum aktuellen Fall wollte die Olympiasiegerin von Vancouver keinen Kommentar abgeben.
Das muss sie auch nicht, denn ihr Manager findet deutliche Worte: „Wir sind es ja gewohnt, dass Frau Pechstein Breitseiten abfeuert, aber jetzt ist ein Punkt erreicht, an dem es nicht mehr geht“, schimpft Habermeier. „So etwas kann man sich nicht bieten lassen, stellen Sie sich vor, ähnliches passiert im Profifußball.“ Er sieht den Verband, die Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG), in der Pflicht, nun etwas gegen die Maulheldin aus Berlin zu unternehmen.
Die DESG kündigte an, die Sache „intern“ lösen zu wollen. Die Sache ist pikant, denn Pechstein hat die DESG auf Schadenersatz verklagt. Pechstein ist der Meinung, sie habe grundlos eine zweijährige Dopingsperre wegen Blutdopings abgesessen. Die entgangenen Einnahmen will sie nun vom nationalen und auch vom internationalen Verband erstattet bekommen. Im Sommer geht es wohl vorm Münchner Landgericht los.
Probleme mit dem Rücken
Die Ergebnisse des Frauen-Teams waren zuletzt in der Tat nicht berauschend. In Heerenveen war das deutsche Trio Vierter geworden, es lag auf der 3.000-Meter-Strecke neun Sekunden hinter den siegreichen Niederländerinnen. In der ersten Runde hatte Beckert, eine Langstreckenspezialistin, sogar Schwierigkeiten, an ihren Mitläuferinnen dran zu bleiben.
Zuletzt litt sie unter einer Erkältung, hartnäckiger sind freilich Rückenprobleme, mit denen sie seit zwei Jahren kämpft und die sie vor allem bei schnellen Sprintbewegungen plagen. Beckert ist praktisch in ständiger physiotherapeutischer Behandlung, dennoch läuft sie konstant in der Weltspitze mit. Zuletzt wurde sie im Weltcup Zweite über 5.000 m – vor Pechstein.
Die Berlinerin beklagt sich nicht nur über die Form ihrer Kolleginnen, sie richtete zuletzt auch eine Beschwerde an die Dopingkontrollinstanzen. Ihr werde zu oft Blut und Urin abgezapft, klagte „Pechi“ – wie sie von Berliner Medien teilweise genannt wird. „5 Kontrollen innerhalb von 8 Tagen: Schluss mit der Jagd auf mich – ich verlange Gleichbehandlung im Anti-Dopingkampf“, überschrieb sie einen Beitrag auf ihrer Internet-Seite. Dem „schweren Missbrauch der Befugnis der Anti-Doping-Organisationen“ müsse Einhalt geboten werden, fordert Claudia Pechstein.
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