Zivilrechte in Georgien: Parlamentarier gegen NGOs

In Georgien soll ein Gesetz NGOs mit ausländischer Finanzierung verpflichten, sich speziell registrieren zu lassen. Das erinnert an ein russisches Gesetz.

Das georgische Parlament

Das Parlamentsgebäude in der georgischen Hauptstadt Tiflis Foto: imago

BERLIN taz | Für die Zivilgesellschaft in der Südkaukasusrepublik Georgien könnten bald düstere Zeiten anbrechen. Mehrere Abgeordnete haben ein Gesetz über sogenannte ausländische Agenten angekündigt. Dem Entwurf zufolge sollen Nichtregierungsorganisationen und Medien, die mindestens 20 Prozent ihrer finanziellen Mittel aus dem Ausland erhalten, verpflichtet werden, sich in ein Register „ausländischer Agenten“ aufnehmen zu lassen. Zuwiderhandlungen sollen mit Geldstrafen geahndet werden, deren Begleichung die betroffene Organisation jedoch nicht von der Registrierung entbindet.

Laut Guram Macharaschwili, einer der Initiatoren, gehe es nicht nur um Transparenz bei Einkommen politischer Entscheidungsträger. Vielmehr müssten auch Nichtregierungsorganisationen und Medien ihre Finanzquellen offen legen, die Entscheidungen beeinflussen und an der öffentlichen Meinungsbildung mitwirken.

Macharaschwili gehört zu einer Gruppe von neun Abgeordneten, die im vergangenen Jahr die Regierungspartei Georgischer Traum (KO) verlassen und am 2. August 2022 eine eigene Bewegung unter dem Namen „Volksmacht“ gegründet hatten. Dennoch steht die Gruppe bei Abstimmungen weiter stramm an der Seite der KO.

In öffentlichen Schreiben arbeiten sich Macharaschwili, Chef der „Volksmacht“, und seine Getreuen bevorzugt an der Politik der USA gegenüber Georgien ab. So dienten US-Finanzhilfen lediglich dazu, die amerikanischen Interessen auf Kosten der staatlichen Institutionen und der Souveränität Georgiens zu stärken. Die US-Botschaft wird beschuldigt, sich in die inneren Angelegenheiten des Landes einzumischen und die georgische Justiz zu untergraben. Politischen Gruppierungen, wie die größte Oppositionspartei Vereinte Nationale Bewegung (ENM) und Nichtregierungsorganisationen wird vorgeworfen, amerikanische Agenten zu sein.

Georgien hatte EU-Kandidatenstatus 2022 nicht erhalten

Letztere, wie beispielsweise Transparency International Georgien, Junge Anwälte Georgiens (GYLA) sowie die Gesellschaft für freie Wahlen und Demokratie (ISFED) hat auch die Regierung bereits im Visier – aus guten Grund. Deren Ver­tre­te­r*in­nen waren im vergangenen Herbst maßgeblich an Demonstrationen beteiligt, bei denen die Teil­neh­me­r*in­nen demokratische Reformen sowie den Rücktritt der Regierung gefordert hatten.

Die Proteste waren eine Reaktion auf die Entscheidung Brüssels vom 24. Juni 2022, Georgien – anders als der Ukraine und der Republik Moldau – den EU-Kandidatenstatus bis zur Erfüllung eines Zwölf-Punkte-Programms nicht zu erteilen. Im September begann sich die Regierung verstärkt für die Finanzierung von angeblich „reichen“ Nichtregierungsorganisationen zu interessieren.

Für die Vorsitzende von GYLA, Nona Kurdovanidse, sind die jüngsten Schritte Teil einer größer angelegten Kampagne der Regierung, um Nichtregierungsorganisationen zu diskreditieren. Diese Kampgane habe schon jetzt den Interessen des Landes massiv geschadet. „Doch wer jetzt denkt, dieses Vorgehen richtet sich nur gegen NGOs, der irrt gewaltig. Denn wir wissen, wie das ausgehen kann“, zitiert das Nachrichtenportal eurasianet.org Kurdovanidse.

Gemeint damit ist die Entwicklung in Russland. Dort ist seit 2012 ein entsprechendes Gesetz über „ausländische Agenten“ in Kraft, das 2022 weiter verschärfte wurde. Mittlerweile umfasst die Liste, die sich stetig verlängert, weit über 100 Organisationen und Privatpersonen. Viele der Betroffenen haben mittlerweile ihre Tätigkeit einstellen bzw. Russland verlassen müssen, um einer Bestrafung zu entgehen.

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