Zentraler Speicher für alle Meldedaten geplant: Schäubles Einwohneramt

Das Innenministerium will künftig die Meldedaten zentral speichern - von der Steuernummer bis zum Waffenschein.

Speichert, was er kann: Wolfgang Schäuble. Bild: dpa

Der Staat, so urteilte das Bundesverfassungsgericht 1969, habe nicht das Recht, "Menschen zwangsweise in seiner ganzen Persönlichkeit zu registrieren und zu katalogisieren". Damals ging es um den Mikrozensus, eine Art repräsentativer Stichprobenvolkszählung. Am Freitag war dieser Satz plötzlich wieder hochaktuell.

Der Grund ist ein Vorhaben, an dem die Bundesregierung seit dem 1. September 2006 arbeitet: der zentralen Speicherstelle für die Meldedaten sämtlicher Bundesbürger, genannt Bundesmelderegister, kurz BMR. Im Dezember 2007 wurde im Innenministerium ein erster Gesetzentwurf erstellt, jetzt will das Haus von Wolfgang Schäuble (CDU) das Projekt offenbar vorantreiben.

"Die aktuelle Qualität der Meldedaten", heißt es in einer Vorlage, sei "mangelhaft", die Verfügbarkeit für "öffentliche und nicht öffentliche Bedarfsträger ist ungenügend". Mit einem zentralen Melderegister, so die Argumentation, ließen sich Kosten sparen, Fehler vermeiden und Menschen im Notfall schneller finden. "Ideal", findet das auch Clemens Binninger, der für die CDU im Innenausschuss die Fäden zieht.

Das BMR soll das Datendach über den derzeit 5.238 Meldebehörden auf lokaler Ebene bilden. Auch weil das Melderecht seit September 2006 durch die erste Stufe der Föderalismusreform nicht mehr bei den Ländern, sondern beim Bund liegt.

Es dürfte ein Superspeicher werden. Zumindest, wenn man sich den Referentenentwurf von Ende 2007 anschaut. Paragraf 3 regelt dort, was alles gespeichert werden darf. Und das geht weit über die üblichen Stammdaten wie Name, Anschrift, Geschlecht und Familienstand hinaus. Aufgenommen werden dürften nach Wunsch des Innenministeriums etwa auch die Religion, die "Wahlberechtigung oder Wählbarkeit", Angaben über die Wehrpflicht, Waffenschein und sprengstoffrechtliche Erlaubnis sowie die umstrittene Steueridentifikationsnummer.

Welche Daten tatsächlich erfasst werden, stünde nicht endgültig fest, heißt es im Innenministerium. An der Steueridentifikationsnummer aber soll festgehalten werden, steht in internen Papieren. An den Speicherwünschen dürfte sich demnach wenig bis nichts geändert haben.

Scheitern kann das Projekt nur noch an der SPD. Und die zeigt sich ungewohnt widerspenstig. "Die SPD kann nicht erkennen, warum so etwas sein muss", sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz der taz. "Da hat das Innenministerium die Bringschuld. Aber die Antworten reichen da noch überhaupt nicht aus." Zunächst müsse geprüft werden, ob nicht die Ländermelderegister besser vernetzt werden könnten. "Wenn das ginge, brauchen wir keine neue Datenerhebung." Auch Justizministerin Brigitte Zypries betonte, es gebe noch "Gesprächsbedarf". Es müsse vor allem geprüft werden, wie Mehrfachspeicherungen vermieden werden könnten, sagte sie der Sächsischen Zeitung: "Das gebietet der Grundsatz der Datensparsamkeit."

Nicht ganz so diplomatisch wie Zypries formulierte der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar, seine Kritik. Er fürchtet, mit dem Datenspeicher könnten sich exakte Personenprofile erstellen lassen, ohne dass der Betroffene es mitbekäme - ein eklatanter Verstoß gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. "Ohne Nachweis der Notwendigkeit darf es kein zentrales Melderegister geben", warnt Schaar, der erst am Donnerstag zur Wiederwahl vorgeschlagen worden war - ausgerechnet von den beiden Unionsparteien.

Selbst wenn das Innenministerium den Nachweis erbringen würde, käme für den obersten Datenschützer nur ein Speicher "mit den Grundpersonalien" infrage. "Ein Register, dass alle Daten spiegeln würde, von der Steuernummer über die Religionszugehörigkeit bis zum Waffenschein, ist völlig unakzeptabel." Nur ein effektives "Identitätsmanagement" mit eindeutigen Grenzen, welche Behörde auf welche Daten zugreifen darf, könne Missbrauch verhindern.

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