Zentral- und Landesbibliothek: Lafayette als Klimaschutz
Der CDU-Kultursenator verteidigt seinen Plan, mit der ZLB ins Lafayette-Gebäude nach Mitte zu ziehen – und teilt gegen den Koalitionspartner SPD aus.
Ohne die SPD direkt beim Namen zu nennen, ging Chialo bei der Gelegenheit auch den eigenen Koalitionspartner an. Wie berichtet, hatte sich die SPD zuletzt klar gegen einen Ankauf und Umbau des Lafayette gestellt und insbesondere die hohen Kosten kritisiert. Die kulturpolitische Fraktionssprecherin Melanie Kühnemann-Grunow hatte stattdessen eine Stärkung der Kiezbibliotheken gefordert.
Chialo keilte nun Richtung SPD zurück: „Wir erweisen den Berlinerinnen und Berlinern einen Bärendienst, wenn wir uns hier unnötig verkämpfen, statt an einem Strang zu ziehen.“ Und überhaupt: Der Versuch, die Bezirksbibliotheken „auszuspielen“ gegen die ZLB – „das funktioniert aus meiner Sicht nicht“.
Der Kultursenator bestätigte dabei noch einmal das Kaufpreisangebot des Immobilieneigentümers Tishman Speyer in Höhe von fast 600 Millionen Euro, immerhin gut das Doppelte dessen, was der Investor Anfang 2022 selbst für den Kaufhauskomplex bezahlt haben soll. „Ich betone aber, dass in diesem Angebot die bauliche Herrichtung zur Umnutzung des Gebäudes als Zentral- und Landesbibliothek enthalten ist“, sagte Chialo am Montag zu der 600-Millionen-Offerte. Zudem stehe man erst „komplett“ am Anfang der Verhandlungen.
Bislang heißt es: Kein Geld, nirgends
Wie in der Senatskulturverwaltung sorgt die erstmals vor gut zwei Wochen öffentlich gemachte Ablehnung der Lafayette-Idee durch die SPD auch in der Bibliotheksszene für Unmut. Statt Scheindebatten zu führen, sollte das Land „die Gelegenheit beim Schopf packen“ und ernsthaft mit dem Eigentümer des Lafayette-Gebäudes verhandeln, sagte Regina Kittler, die Berliner Landeschefin des Deutschen Bibliotheksverbands, zur taz. Für sie ist klar: „Bei einer solch einmaligen Chancen muss Berlin jetzt mal springen.“
Fakt ist freilich auch, dass aktuell niemand weiß, mit welchem Geld das Land die Sprungübung bezahlen will. Chialos Aufkaufplan findet sich bislang mit keiner Zeile im Senatsentwurf für den Doppelhaushalt 2024/25. Auch in der jetzt von Finanzsenator Stefan Evers (CDU) nachgereichten mittelfristigen Finanzplanung sucht man die Idee vergeblich.
Bibliothekslobbyistin Regina Kittler sagte, man brauche sich da nichts vormachen. Aus dem regulären Haushalt sei das Projekt sicherlich nicht finanzierbar, „und aus dem ohnehin engen Kulturetat schon gar nicht“. Aber, so ihre Idee, eventuell aus dem geplanten, bis zu 10 Milliarden Euro schweren Sondervermögen Klimaschutz. „Die Nachnutzung eines Kaufhauses als Kulturstandort ist definitiv ein großer Beitrag in Sachen Nachhaltigkeit. Das müsste man wenigstens prüfen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja