Zelaya will Rückkehr - oder Volksaufstand: Honduras droht ein Bürgerkrieg
Die Fronten zwischen den Putschisten und dem abgesetzten Präsidenten sind verhärtet. Am Wochenende will Zelaya erneut versuchen, in sein Land zu kommen.
WIEN taz | Manuel Zelaya, der abgesetzte Präsident von Honduras, drückt aufs Tempo. Sollte das Putschregime am Wochenende seine Rückkehr nach Tegucigalpa nicht akzeptieren, ruft er zum Volksaufstand auf. Artikel 3 der honduranischen Verfassung erlaubt Erhebungen gegen illegitime Herrscher. Volksorganisationen planen ab Donnerstag Mobilisierungen, die zusätzlich Druck machen sollen. Marvin Ponce, Abgeordneter der linken Partei der Demokratischen Einheit (PUD), sprach in einem Interview davon, dass sich die gewaltlosen Protestaktionen bald erschöpft hätten, und warnte vor einem Bürgerkrieg.
Angesichts der drohenden Unruhen hat die Übergangsregierung unter Roberto Micheletti am Mittwoch neuerlich ein nächtliches Ausgangsverbot verhängt. Erst drei Tage vorher war die seit dem Putsch am 28. Juni geltende Einschränkung der Bewegungsfreiheit aufgehoben worden. Am Samstag treffen Delegationen beider Seiten in der Privatresidenz von Präsident Óscar Arias in San José zusammen. Der costa-ricanische Friedensnobelpreisträger 1987 wurde von beiden Seiten als Vermittler akzeptiert. Eine erste Runde blieb ohne Ergebnis. Auch die jüngsten Äußerungen lassen keine Annäherung erwarten. César Ham, Abgeordneter und Mitglied des Verhandlungsteams von Zelaya, verkündete, drei Punkte seien nicht verhandelbar: die Wiedereinsetzung Zelayas, die Bestrafung der Putschisten und die Einsetzung einer Verfassunggebenden Nationalversammlung. Ein vom Gesetz nicht gedecktes Referendum diente der Armee als Vorwand für den Putsch.
Zelaya hat seine Position verhärtet, seit die Putschregierung ihm und seinen Kabinettsmitgliedern die Dienstkreditkarten sperrte und die Konten der Familie Zelaya einfror. Micheletti seinerseits gab sich bereit, zurückzutreten, wenn auch Zelaya auf sein Amt verzichtete.
Die Volksorganisationen haben wenig Vertrauen in eine Verhandlungslösung und machen Druck auf der Straße. Sechs von sieben Lehrerorganisationen befinden sich bereits im Streik. Mit Straßenblockaden und Protestmärschen ist zu rechnen. Was den Basisaktivisten besondere Sorge bereitet, ist das Erstarken der militaristischen Rechten hinter den zivilen Putschisten. So tauchte Billy Joya Amendola, der in den 1980er-Jahren die Todesschwadronen organisiert haben soll, als Berater von De-facto-Präsident Micheletti wieder auf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Gedenken an den Magdeburger Anschlag
Trauer und Anspannung