Zeitungsverlage und Google News: Große Kuschelrunde
Nach Axel Springer wollen auch FAZ, Gruner + Jahr und Burda weiter bei Google News gelistet werden. Das „Opt-in“ gilt aber unter Vorbehalt.
Es wird klar, wie groß die Angst der deutschen Verlage ist: Ohne Google könnten die Klicks im Digitalen gewaltig schwinden, denn Suchmaschinen führen Zeitungsseiten oft den Großteil ihrer Laufkundschaft zu. Am Montag hatte die Axel Springer AG (Welt, Bild) deshalb bereits erklärt, wie ihre Online-Veröffentlichungen weiter bei „Google News“ auftauen sollen – mit einer Teilnahmeerklärung unter Vorbehalt.
Diesen Kurs schlagen nun auch andere Verlage ein. Der taz erklärten die Geschäftsleitungen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, des Hamburger Großverlages Gruner + Jahr (Stern, Brigitte) und der Burda-Gruppe (Focus, Bunte), sich ebenso entschieden zu haben.
„Ein sogenanntes De-listing bei Google News hätte für die FAZ erhebliche Reichweitenverluste bedeutet“, hieß es. „Vor dem Hintergrund der Marktstärke von Google wären die wirtschaftlichen Risiken für die FAZ nicht überschaubar gewesen.“ Unterdessen hätten sich die Verlage „bisher nicht auf eine Form der kollektiven Wahrnehmung des neuen Leistungsschutzrechts“ einigen können. Mit anderen Worten: Die deutsche Verlagslandschaft weiß noch nicht, wie sie das neue Leistungsschutzrecht überhaupt anwenden will, das ihnen vom August an die Möglichkeit bieten soll, für angerissene Links auf Suchportalen die Hand aufzuhalten.
Die taz Verlagsgenossenschaft nimmt nach Angaben der Geschäftsführung ebenfalls mit Vorbehalt am Opt-In-Verfahren Googles teil.
Wie Springer knüpft aber auch die FAZ ihre Zustimmung für die weitere Präsenz bei „Google News“ an den Hinweis, dass mit Abgabe der Erklärung nicht auf „die zukünftige Wahrnehmung des Rechts für alle Zeiten verzichtet“ werde. Die Erklärung wurde deshalb „vorbehaltlich eines jederzeitigen Widerrufs“ abgegeben. Und auch in Hamburg bei Gruner + Jahr sagt ein Konzernsprecher auf Anfrage: „Mit dieser vorläufigen Erklärung ist jedenfalls nicht die Bestätigung verbunden, dass die unentgeltliche Nutzung unserer Inhalte ab dem 1. August ohnehin der Rechtslage entspricht.“
Kommt eine Verwertungsgesellschaft?
Das Leistungsschutzrecht für Presseverlage tritt zum Monatswechsel in Kraft. Die Verlage haben dafür gekämpft, um sich ausführliche Links bezahlen zu lassen – die, die auch einen sogenannten Anreißer der eigentlichen Geschichte enthalten. Das „LSR“ gilt als Google-Gesetz, weil es auf Newsaggregatoren zugeschrieben ist, trifft aber auch kleine kreative Angebote wie den deutschen Dienst Rivva. Der schmiss in diesem Tagen etwa 650 Quellen raus, weil die Rechtslage zu unklar und das Risiko damit zu groß sei.
Denkbar wäre nun unter anderem, dass die Verlage eine Verwertungsgesellschaft gründen – eine Art Gema für Presseerzeugnisse. Sie könnten sich allerdings auch einer bestehenden Verwertungsgesellschaft anschließen. Die VG Media, die wiederum die Interessen privater Radio- und Fernsehveranstalter etwa vor Hoteliers und Kneipiers vertritt, hatte sich dafür bereits im Vorfeld angeboten. Wohin die Reise geht: unklar.
„Das überwiegende Interesse der Verlage ist die kollektive Rechteverwertung“, sagte Dietmar Wolff, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutsche Zeitungsverleger (BDZV). Die Rechtslage sei mit dem Leistungsschutzrecht zwar ausreichend klar, „aber es zeigt sich, dass die Umsetzung nicht mal eben in ein paar Wochen geht“, sagte Wolff. „Bis die Branche soweit ist, haben sich viele Verlage nun für eine befristete Einräumung der Nutzungsrechte für ‚Google News’ entschieden.“ Manch ein Zeitungshaus habe sich allerdings dazu durchgerungen, auf ein Listing bei „Google News“ zu verzichten, darunter die Saarbrücker Zeitung und die Rhein-Zeitung.
Google hat kein Problem mit Vorbehalten
Bei Google Deutschland wiederum hieß es, „Hunderte deutsche Verlage“ hätten ihr Einverständnis für „Google News“ bestätigt. Sie blieben „weiterhin geschätzte Partner“, sagte Google-Sprecher Kay Oberbeck. Damit sieht es so aus als hätte Google mit dem Vorbehalt erst einmal kein Problem. Konkret äußerste sich der Internetkonzern dazu aber auch auf Nachfrage erst einmal nicht.
Damit steigt die Spannung: Was wird von „Google News“ für deutsche Nutzer am Donnerstag wohl noch übrig sein? Und wie tauchen in der klassischen Google-Suche noch die Meldungen jener Medien auf, die sich bis auf Weiteres dagegen entschieden haben, „Google News“ die Treue zu halten?
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