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ZeitungskriseIm Namen der Demokratie

Gastkommentar von Stephan Weichert

Nach dem Ampel-Desaster wird in Deutschland eine Pressehilfe immer unwahrscheinlicher. Es gibt aber neue Lösungen.

Ohne Förderung ist die Presse bedroht. Vom Verkauf und den Anzeigen lassen sich die Kosten kaum noch tragen Foto: Jens Büttner/dpa

A ngesichts rückläufiger Auflagen und der teils missglückten Verlagerung ins Onlinegeschäft wird die Luft für Presseerzeugnisse dünner. Die journalistische Arbeit ist vor allem im Osten Deutschlands kein Vergnügen mehr. Bundesweit lässt sich die Presse allein über Abonnements und Werbung kaum noch finanzieren. Wie Medienschaffende in Zukunft unter würdevollen finanziellen Bedingungen arbeiten sollen, beschäftigt daher seit Jahren viele Akteure.

Von der „staatlichen Zustellförderung“ über die Idee einer „Null-Prozent-Mehrwertsteuer“ über einen „Medienfonds“ bis zur „strukturellen Innovationsförderung“ kursieren Ideen, die den Wert der Presse als Grundpfeiler einer freiheitlichen Demokratie herausstellen. Die Versprechen der Ampel waren sehr konkret. Das Ergebnis wird eine Beerdigung dritter Klasse sein. Allerdings gilt die Förderung der Presse unter Experten von jeher als vermintes Gelände, weil der Grundsatz der Staatsferne eingehalten werden muss.

Dabei geht es vor allem um die Nachvollziehbarkeit und Verhältnismäßigkeit der Vergabe von Steuergeldern. Die Gefahr besteht, dass Strukturförderungen den freien Wettbewerb stören. So ist die Frage berechtigt, warum nicht gleich alle Unternehmen Steuermillionen empfangen sollen, weil doch alle Medienhäuser mit ökonomischen Zwängen zu kämpfen haben. Zu den weiteren Sensibilitäten gehört, dass journalistisch-redaktionelle Inhalte von Staatswegen bislang nicht förderfähig sind, auch solche Projekte nicht, die im Kern kommerziellen Zwecken dienen.

Ob diese Grenze immer klar gezogen werden kann, darf bezweifelt werden. Angesichts der bevorstehenden Neuwahlen können somit alle bisherigen Fördermaßnahmen der Presse bis auf weiteres als gescheitert gelten. Mit einer Neuauflage dieser journalistischen Innovationsförderung ist allenfalls in der nächsten Legislatur zu rechnen. Das gilt offenkundig auch für einen weiteren sinnvollen Vorstoß, den Journalismus im Sinne der Gemeinnützigkeit zu fördern, sei es durch öffentliche Zuwendungen, Stiftungsgelder oder private Spenden.

Bild: UdK
Stephan Weichert

ist Medienwissenschaftler, Berater und Publizist: Er leitet das Vocer-Institut für Digitale Resilienz und ist Beirat des Forums für gemeinnützigen Journalismus. Er trug Mitverantwortung für das Projekt NPJ.news, das die Förderung des Non-Profit-Journalismus im deutschsprachigen Raum untersucht. Letztes Jahr richtete er zusammen mit der Panter-Stiftung der taz das „Vocer Festival für Nonprofit-Journalismus“ aus.

Auf absehbare Zeit keine Fördermaßnahmen

Um zu verhindern, dass derlei Finanzquellen politischer Einflussnahme ausgesetzt sind, gilt diese Rechtsform als von sich aus staatsfern. Gemeinnütziger Journalismus ist steuerrechtlichen Transparenzregeln unterworfen, die öffentliche Zuwendungen nach dem Gießkannenprinzip verhindern helfen und somit eine verdeckte staatliche Presseförderung ausschließen. Vorläufig sind indes alle Hoffnungen auf eine Rechtssicherheit für gemeinnützigen Journalismus geplatzt.

Auch deshalb erscheint er keine umfassende Lösung für eine faire, transparente und vor allem: möglichst flächendeckende Presseförderung zu sein. Für den Perspektivwechsel lohnt – wie so oft – ein Blick über den Tellerrand: Das putzige Luxemburg gilt vielen als großes Vorbild für eine nationale Presseförderung.

Seit die EU-Medienkommission aus Brüssel 2021 grünes Licht für die Reform des staatlichen Beihilfesystems gab, können sich Redaktionen, die ihren Sitz in der parlamentarischen Monarchie mit den rund 670.000 Einwohnern haben, über einen stattlichen Geldsegen freuen: Jede Redaktion erhält pauschal eine jährliche „Innovationshilfe“ (226.275 Euro), dazu gibt es einen variablen Förderanteil von 33.941 Euro pro vollzeitbeschäftigtem Redakteur. Bei beiden Beträgen handelt sich – wohlgemerkt – um Zuschüsse.

Aus einem internen Papier ist zu erfahren, dass auch der DJV mit einer solchen staatlichen Medienförderung liebäugelt, die „alle förderrelevanten Bereiche – sowohl redaktionelle als auch operative – erfassen“ und „alle Möglichkeiten der Fördermechanismen – sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene – ausschöpfen“ könne. Die Förderung dürfe sich dabei nicht ausschließlich auf Printprodukte und deren Zustellung konzentrieren.

Das Luxemburger Modell

Mit Blick auf die seit der Coronapandemie äußerst angespannte Haushaltslage hierzulande, muss das für die heimischen Medienhäuser wie ein Schlaraffenland aussehen. In Luxemburg ist die unbürokratische Pressehilfe in den Medienhäusern nicht zuletzt deshalb hochwillkommen, weil sie als „technologieneutraler Fördermechanismus“ die Print- und Onlinepublikationen gleichermaßen einschließt: Geförderte Medien müssen regelmäßig erscheinen und dürfen keine Nischenpublikationen sein, sich also nicht nur an eine bestimmte Gruppe von Lesern richten, wenn sie die Förderung beanspruchen wollen.

Und sie müssen mindestens fünf Journalisten beschäftigen, die eine „Pressekarte“ vorweisen können, den vom luxemburgischen Presserat ausgestellten Berufsausweis. Herausgestellt hat sich inzwischen auch, dass kleinere Medien in Luxemburg bessere Überlebenschancen haben, seit die Pressehilfe erhöht wurde. Einen weiteren kongenialen Ansatz, wie eine künftige Journalismusförderung aussehen könnte, von der möglichst viele profitieren, verfolgt der im Sommer gestartete Media Forward Fonds (MFF), eine private Stiftungsinitiative mit Sitz in Berlin zur Förderung des Journalismus in Österreich, Deutschland und der Schweiz.

Mit dem MFF sollen gemeinwohlorientierte Medien gefördert werden, „die mit neuen Geschäftsmodellen experimentieren“. Gemeint sind Medien, die ihre Gewinne in Journalismus reinvestieren. Bisher verfügt der Fonds über neun Millionen Euro von renommierten Stiftungen wie Schöpflin, Rudolf Augstein und Mercator. Ziel ist die Summe von 25 Millionen Euro.

Mit dem Ampel-Aus und der Trump-Wiederwahl steht die Presse mehr unter Druck als jemals zuvor. Eine gemeinsame Förderbasis für den Journalismus zu schaffen, bleibt notwendig. Der Appell an die Politik kann nur lauten: Schaut euch eine funktionierende Pressehilfe wie in Luxemburg an, ermöglicht weitere Initiativen wie den Berliner Stiftungsfonds und gebt dem gemeinnützigen Journalismus Rechtssicherheit.

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2 Kommentare

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  • Was mich überrascht ist, dass in dem Artikel überhaupt noch von Printmedien die Rede ist. Denn auch Medien unterliegen der EU-Vorgabe, in absehbarer Zeit CO2-neutral zu werden. Gedruckte Medien lassen nach heutigem Wissensstand sich nicht CO2-neutral produzieren. Wollen Medien CO2-neutral werden, dann müssen sie so schnell als möglich ihre Printausgaben einstellen. Die belgische Zeitung "De Standaard" ist z.B. längst auf diesem Weg. Natürlich setzt das dann die Nutzung von Solarstrom voraus. Zugleich ermöglicht der Verzicht auf klimazerstörende Papierausgaben Kostensenkungen durch Synergieeffekte auf der Technikebene, die Ressourcen freisetzt, die dann für journalistische Arbeit genutzt werden können. So jedenfalls die Strategie von "De Standaard".

  • Warum gibt es einen öffentlich rechtlichen Rundfunk und keine öffentlich rechtliche Zeitung?



    Die Trennung von Zeitung und Rundfunk ist nicht zeitgemäß.