Zeitungsforscher über DuMont: „Es wurden viele Fehler gemacht“
Horst Röper sieht im möglichen DuMont-Ausverkauf ein klassisches Marktversagen. Die DuMont-Erben fühlten sich mit ihren Aufgaben überfordert.
taz: Herr Röper, Studierende der Publizistik lernen im ersten Semester die fünf großen Zeitungsverlage kennen. Diese Zahl kann man jetzt knicken, oder?
Horst Röper: In der Tat. Es war in der Branche bekannt, dass DuMont schon im letzten Jahr mit einzelnen großen Kollegen über Kooperationen und womöglich Teilverkäufe verhandelt hat. Wenn die Verkäufe tatsächlich realisiert werden sollten, würde das Haus natürlich nicht mehr zu den großen Zeitungshäusern der Republik zählen.
Sehen Sie als Käufer eher Favoriten in der Medienbranche oder einen externen Investor?
Zeitungen werden in Deutschland traditionell innerhalb der Branche gehandelt, ganz selten nur gibt es Investoren von außen. Auch jetzt werden die Titel wieder intern gehandelt werden, aber vielleicht wird nicht ein Käufer gleich alle Titel übernehmen wollen. Ich würde eher davon ausgehen, dass das Paket aufgeschnürt wird.
Die Zeitungen, die zum Angebot stehen, sind auch geographisch sehr disparat. Welche haben die besten Chancen, einen Abnehmer zu finden?
Dass die Zeitungen so verstreut sind, spielt heute keine Rolle mehr. In früheren Jahrzehnten sind große Verlage regional gewachsen, das gilt aber für den deutschen Markt schon lange nicht mehr. Die großen Marktteilnehmer haben alle inzwischen in mehreren Bundesländern einzelne Titel, die nicht mehr benachbart liegen müssen.
Lange galt das Szenario der Einzeitungskreise als Schreckgespenst. Kann es jetzt sogar zu „Keinzeitungskreisen“ kommen, wo die Leute nur noch die Wahl haben zwischen Bild und Onlinemedien?
Das wäre in der Tat ein Schreckgespenst. Bild wäre ja auch keine Alternative, da würde ich eher zu anderen überregionalen Titeln raten. Die hätten allerdings keine Berichterstattung über das lokale Gebiet.
Horst Röper ist Medienforscher und Geschäftsführer des Formatt-Instituts in Dortmund
Gibt es generell immer weniger Lokalberichterstattung?
Bislang gibt es immerhin noch keine Region, wo gar keine lokale Berichterstattung von Zeitungen mehr stattfindet. Wenn sich das im Markt ergäbe, wäre das ein weiteres Signal dafür, dass der Markt die Versorgung mit Journalismus nicht mehr leistet. Das ist ein klassisches Marktversagen und in diese Situation schlittern wir immer mehr.
Der Deutsche Journalisten-Verband spricht in Bezug auf DuMont von einem „verlegerischen Offenbarungseid“. Wo würden Sie dort die Probleme festmachen – hat man die Digitalisierung verschlafen?
Sicherlich sind im Haus viele Fehler gemacht worden, aber vor allen Dingen auf der Eignerseite. Das Haus war über Jahrzehnte beherrscht von Alfred Neven DuMont. Seinen Erben sind seine Schuhe nun offenbar viel zu groß. Wenige Jahre nach dem Tod des Altverlegers stoßen sie nun quasi den gesamten Besitz ab – da ist nichts mehr von Tradition zu sehen. Die Erben fühlen sich offensichtlich mit den Aufgaben, die sie übernommen haben, überfordert.
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