: Zeitlich begrenzte Demokratie für Hongkong
■ China will die Reform 1997 zurücknehmen / Einig über britische Militärgebiete
Hongkong (AFP/apd/taz) – Der Gesetzgebende Rat Hongkongs hat in der Nacht zu gestern die letzten der von Gouverneur Chris Patten eingebrachten Reformvorschläge gebilligt. Nach fünfzehnstündiger Debatte stimmten 32 Abgeordnete für Pattens Vorschläge, 24 votierten dagegen. Patten will vor der für 1997 geplanten Rückgabe Hongkongs an China eine Demokratisierung der Verfassung der britischen Kronkolonie durchsetzen. In Zukunft sollen nun zwanzig Abgeordnete des Gesetzgebenden Rats direkt und dreißig weitere von Industriezweigen und Interessengruppen gewählt werden. Die übrigen zehn Sitze werden von einer Wahlversammlung bestimmt. Im Rahmen der Debatte um Pattens Reformpaket waren am Mittwoch die Gegensätze zwischen den Anhängern der bisherigen Ordnung und politischen Erneuerern offen zutage getreten. Mit der knappen Mehrheit von einer Stimme wurde ein Änderungsantrag einer Gruppe wirtschaftsorientierter Ratsmitglieder abgelehnt, der das Reformvorhaben Pattens erheblich abgeschwächt hätte. Sie befürchten, daß eine Demokratisierung des Stadtstaates den Unwillen Chinas provozieren könnte.
Derweil bekräftigte Peking am Donnerstag seine Entschlossenheit, das politische System Hongkongs nach der Übergabe zu ändern. Shen Guofeng, der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, sagte, alle gesetzgebenden Körperschaften, die aus den Wahlen 1994 und 1995 hervorgehen, würden nach der Übergabe 1997 wieder aufgelöst. Der Regierung in London warf er vor, die Verabschiedung der Reformen zugelassen zu haben. Die Führung in Peking hatte schon zuvor wiederholt betont, daß sie sich nicht an die Reformen gebunden fühle.
Ungeachtet des politischen Konflikts einigten sich Großbritannien und China nach siebenjährigen Verhandlungen auf die künftige Nutzung der britischen Militärgebiete in Hongkong. Die Einigung über eine Übertragung der Stützpunkte wurde nach einer Sitzung der britisch-chinesischen Verbindungsgruppe am Donnerstag von den Chefunterhändlern Hugh Davies und Guo Fengmin gemeinsam bekanntgegeben. Demzufolge werden 25 Militärstützpunkte, darunter viele Wohnungen, der Hongkonger Regierung übergeben, die diese für zivile Zwecke verkaufen kann. 14 weitere Einrichtungen sollen der chinesischen Armee vorbehalten bleiben, die sie nach 1997 nutzen kann. Dazu gehört auch ein Marinestützpunkt im Victoria-Hafen. Der Stellvertreter Pattens, Anson Chan, sagte, Hongkong rechne mit einem Gewinn von rund 65 Milliarden Hongkong-Dollar (rund 13 Milliarden Mark) aus dem Verkauf der 25 Liegenschaften.
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