Zahlen zu Abschiebungen aus Berlin: Nachts geht es am einfachsten
Linkspartei-Abgeordnete Elif Eralp kritisiert hohe Abschiebezahlen nach Moldau und zur Nachtzeit: Koalition halte sich nicht an eigene Versprechen.

Tatsächlich hat R2G im Koalitionsvertrag vereinbart, „auf nächtliche Abschiebungen“ solle „verzichtet werden.“ Dass dennoch etwa jede 6. Abschiebung zur Nacht stattfindet, begründet die Innenverwaltung regelmäßig, so auch in dieser Antwort, mit organisatorischen Gründen. „Die Festnahmen zur Nachtzeit erfolgen aufgrund von verbindlichen Vorgaben der Zielstaaten zu Abflug- und Ankunftszeiten“, so Staatssekretär Torsten Akmann in der Antwort.
Allerdings heißt es im Aufenthaltsgesetz (§ 58 Absatz 7), dass die Organisation einer Abschiebung kein Grund ist, die Wohnung eines Ausländers nachts zu betreten. Bereits im März wies der Berliner Flüchtlingsrat daher darauf hin, dass nächtliche Abschiebungen mit dieser Begründung rechtswidrig seien.
Die meisten Menschen, die 2022 bis Ende August abgeschoben wurden, waren Staatsbürger*innen von Moldau (169), Bosnien und Herzegowina (118), Serbien (44), Polen (26) und Russland (24). Ob sie tatsächlich in ihr Herkunftsland abgeschoben wurden, geht aus der Antwort nicht hervor, denn die Zielländer von Abschiebungen würden „statistisch nicht erfasst“, so Akmann.
Kein Asyl für Rom*nja aus Moldau
Eralp kritisert vor allem die hohe Zahl von abgeschobenen Moldawier*innen, von denen die meisten vor Beginn des Ukrainekrieges im Januar und Februar abgeschoben wurden. Das kleine Land südlich der Ukraine ist eines der ärmsten in Europa, seit einigen Jahren kommen von dort relativ viele Flüchtlinge, dieses Jahr ist Moldau unter den „Top 10“ der Asyl-Herkunftsländer.
Die Geflüchteten aus Moldau sind oftmals Rom*nja, die laut Hilfsorganisationen wie Pro Asyl und Berliner Flüchtlingsrat systematisch diskriminiert werden. Dennoch werden ihre Asylanträge in Deutschland nie anerkannt und in der Regel ohne sorgfältige Einzelfallprüfung als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt.
Da die Republik Moldau bereits zu Beginn des Ukrainekrieges ihren Luftraum sperrte, wurden von April bis Juli keine Menschen dorthin abgeschoben, allerdings wurden 17 Moldawier*innen nach der Dublin-III-Verordnung in andere EU-Länder zurückgeschoben. Seit August sei der Luftraum jedoch wieder offen, erklärte die Innenverwaltung auf taz-Anfrage, sodass in diesem Monat 10 Menschen dorthin abgeschoben wurden, zudem 3 Personen in EU-Länder. „Die Wiederaufnahme der Durchsetzung der gesetzlichen Ausreisepflicht ist auch mit Blick auf die angespannte Unterbringungsbringungssituation für Geflüchtete in Berlin alternativlos“, so Sabine Beikler, Sprecherin der Innenverwaltung.
Eralp dagegen sieht Abschiebungen von Rom*nja dorthin besonders kritisch. „Die Bundesregierung muss, auch angesichts der historischen Verantwortung Deutschlands, eine humanitäre Bleiberechtslösung für diese Gruppe vorsehen und ich erwarte vom Berliner Senat, dass er, wie im Koalitionsvertrag verabredet, zeitnah eine entsprechende Bundesratsinitiative vorlegt“, sagte sie.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!