: Zählerpannen
■ Beamter in Siegen vom Dienst als Zähler suspendiert, nachdem er eine Studentin belästigt hatte
Bochum/Berlin (taz) - Ein 28jähriger Beamter aus Siegen wurde jetzt vom Dienst als Volkszähler suspendiert, nachdem er eine Studentin belästigt hatte. Der Mann hatte die Frau in ein Haus seines Zählbezirks gehen sehen und ihr wenig später telefonisch gedroht: „Ich arbeite bei der Stadt Siegen, da findet man Mittel und Wege, Namen und Telefonnummern herauszufinden.“ Kurz darauf stand der Zähler vor der Wohnungstür der jungen Frau, um sie angeblich zum Spaziergang oder Bier einzuladen. Nachdem der Beamte sich brüstete, ohne Schwierigkeiten auch die Heimatanschrift der Frau in Erfahrung zu bringen, beschwerte sie sich bei der Erhebungsstelle. In Nürnberg ertappte ein Mieter den Zähler gerade dabei, wie er den für ihn bestimmten Fragebogen mit einer Nachbarin ausfüllte, weil er den Mieter nicht zuhause wähnte. Zusätzliches Zählerpech: Die Angaben der Nachbarin über ihren Hausbewohner waren nachweislich falsch. Fast überall häufen sich die Fälle, in denen Zähler zunächst die Angabe ihres Wohnortes verweigern und sich dann später herausstellt, daß sie rechtswidrig in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft zum Zählen eingesetzt waren. In Münster hat der Kreisverband der NPD jetzt mitgeteilt, daß NPD–Mitglieder und „Freunde“ sich auch in NRW zahlreich als Zähler gemeldet hätten, „um illegal in Münster lebende Nicht–EG–Ausländer ausfindig zu machen und somit den Verschleierungsbestrebungen der rot–grünen Boykotteure entgegenzutreten“. In Hamburg haben die Erhebungsstellen inzwischen drei stadtbekannte Mitglieder einer offen ausländerfeindlichen Liste nachträglich vom Zählerdienst suspendiert. Weil in Berlin–Kreuzberg 60 Prozent der bestellten Zähler Widerspruch gegen ihre Verpflichtung eingelegt haben und den meisten Widersprüchen stattgegeben werden mußte, sieht das örtliche Volkszählungsamt die Zählung im Bezirk „ernsthaft gefährdet“. Für einen Schwung neuer Zähler wurde deshalb jetzt nachträglich die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs außer Kraft gesetzt.
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