ZDF-Talk mit Gauck und Samuel Koch: Komisches Gekuschel
Markus Lanz spricht mit Bundespräsident Joachim Gauck und Samuel Koch. Das Vorprogramm liefern „Rosi und die Knallerbsen“.
HAMBURG taz | Auch wenn es nicht im gedruckten Programm des Kirchentags stand, man hätte es sich denken können, nein müssen: Wer, wenn nicht Markus Lanz, sollte eine Diskussion für das ZDF mit Bundespräsident Joachim Gauck und dem seit seinem Unfall bei „Wetten, dass . . ?“ querschnittgelähmten Samuel Koch führen? Mit allen bekannten Risiken und Nebenwirkungen: Es war der echte Lanz. Inklusive Moderationsstil.
So saß Lanz also da auf dem Podium, vor ihm gut 5.000 Kirchentagsbesucher auf Faltpapphockern, neben ihm Gauck, Koch und die Unternehmerin Monika Labruier sowie der Paralympics-Sieger, Comedian und Pfarrer Rainer Schmidt.
Hinter der Bühne hängt ein grauer Vorhang in der großen, grauen Messenhalle, neben den Stühlen stehen Zierpflanzen und Aufsteller des ZDF. Das Vorprogramm ist die Band „Rosi und die Knallerbsen“. Lanz’ Thema: Wie geht die Gesellschaft mit Behinderten um? Und, typisch Kirchentagsfrage: Was kann die Gesellschaft, können wir, ich & du, noch besser tun?
Gaucks Botschaft war klar, sie stand schon in der Überschrift der Diskussion: „Eine starke Gesellschaft“ – ohne Fragezeichen. „Verglichen mit meiner Jugend ist uns viel gelungen, ein bisschen fehlt noch, daran arbeiten wir noch“, sagte er. Gauck erzählt von seinen Erlebnissen bei Behindertensportveranstaltungen, wie heiter dort doch die Stimmung sei. „Dich springt dort ein Ja zum Leben an.“ Die Menschen seien Vorbilder an Lebensfreude und Lebensbejahung für die ganze Gesellschaft. Die Halle applaudiert.
Nicht das erste Mal bei Lanz
Samuel Koch selbst sagt nicht viel, die beiden ausgebildeten Pfarrer Gauck und Schmidt reden am meisten. Lanz fragt Koch sehr direkt. Etwa wie die Begrüßung mit Podiumsgast Schmidt gelaufen sei, der ja selbst verkürzte Arme und keine Hände hat. Koch gibt bereitwillig Auskunft. Sagt, dass sie unorthodox gewesen sei, „ein ganz komisches Gekuschel“.
Koch kennt solchen Fragen. Er ist nicht das erste Mal zu Gast bei Lanz, der Thomas Gottschalk als Moderator bei „Wetten, dass . . ?“ beerbt hat. Als Koch von mit ihm sympathisierendem Applaus unterbrochen wird und den Faden verliert, sagt er: „Wo war ich sitzen geblieben?“ Natürlich fragt Lanz auch ganz detailliert nach seiner Behinderung, lässt sich erklären, wie sich die Nervenschäden auswirken.
Und selbstverständlich darf Koch auch noch mal erklären, dass ihm sein Glauben an Gott geholfen hat, mit dem Unfall klarzukommen. Ob aufrichtig oder nicht: Das freut das Publikum – und auf dem Podium den einstigen Pfarrer Gauck: „Ich möchte den Satz nicht kommentieren, aber Gott dafür danken, dass ich ihn gehört habe.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Innereuropäische Datenverbindung
Sabotageverdacht bei Kabelbruch in der Ostsee
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört