Yahoo und Google kooperieren bei Werbung: Konzern-Ehe auf Zeit
Neue Strategie Yahoos in der Übernahmeschlacht: Durch eine Kooperation mit Google im Werbegeschäft will das Unternehmen Microsofts Fängen entkommen.
Seit zwei Monaten nun schon geht es hin und her: Die Braut ziert sich und der potenzielle Bräutigam macht Druck. Doch seit Mittwoch wird ein neues Kapitel im Übernahmekampf um Yahoo aufgeschlagen: Der Web- Portal-Riese scheint doch noch eine Möglichkeit gefunden zu haben, Microsofts Werben zu entgehen. Hauptteil der neuen Strategie ist eine engere Zusammenarbeit mit dem Suchmaschinen-Marktführer Google. In einem zunächst als "Testlauf" bezeichneten Projekt will Yahoo künftig einen Teil seiner Suchmaschinenanzeigen an Google zur Vermarktung auslagern - ein Schritt, der dem Web-Konzern mehr Einnahmen garantieren soll. Man wolle damit untersuchen, ob sich "der Shareholder-Value erhöhen" lasse, hieß es von Yahoo. Der Plan geht jedoch noch weiter: Ein schon seit Monaten spekulierter Zusammengang mit der Time Warner-Tochter AOL scheint weitergediehen, als bislang angenommen. Laut US-Medienberichten soll der Online-Dienst mit Yahoo verflochten werden und auch Cash auf den Tisch legen, um Yahoo-Aktien zu einem höheren Preis als das Microsoft-Angebot zu erwerben. AOL soll in Yahoo integriert werden, während Time Warner 20 Prozent des kombinierten Unternehmens halten würde.
Der Deal hat seine Attraktivität: Sowohl Yahoo als auch AOL haben eine hohe Kompetenz im Werbeverkauf. In Kombination mit Google würde dies einen mächtigen Player ergeben. Fraglich bleibt jedoch, ob die US-Monopolwächter eine solche Zusammenarbeit zulassen oder einschreiten werden. Zwar hat Yahoo in früheren Zeiten seine Suchmaschine schon einmal von Google vermarkten lassen, doch war die Position des Internet-Konzerns damals beileibe nicht so stark wie heute. So können Experten Microsoft-Chef Steve Ballmers Argumentation, die Zusammenarbeit von Yahoo und Google plus AOL gäbe beiden einen Marktanteil von 90 Prozent im Online-Werbesektor, durchaus verstehen: Yahoo führt bei den so genannten "Displayads", den traditionellen Bannern zur Markenbildung, während Google den Suchmaschinen-Werbemarkt und die Textanzeigen fest im Griff hält. Die Ironie dabei ist schlicht, dass ausgerechnet der Betriebssystem- und Office-Monopolist Microsoft diese Tatsache ausspricht, der im Internet-Bereich nun plötzlich nur an dritter Stelle steht.
Ballmer hätte neben der Erhöhung des Angebotes (mittels Aufnahme von Krediten) noch eine weitere Möglichkeit, das Yahoo-Management doch noch zum Verkauf zu bewegen: Eine Zusammenarbeit mit einem großen Medienkonzern. Laut einem Bericht des "Wall Street Journal" vom Donnerstag gibt es ernste Gespräche mit dem Medienkonzern News Corporation des Australiers Rupert Murdoch, der mit MySpace eines der wichtigsten sozialen Netzwerke betreibt. Anfangs auch als einzeln auftretender "weißer Ritter" für Yahoo angesehen, könnte Murdoch nun mit Ballmer paktieren, das Übernahmeangebot bezuschussen und so ein neues Machtdreigestirn im Internet (mit)bilden, das aus MySpace, der Microsoft-Website-Familie MSN und eben Yahoo besteht. Es würde in den Bereichen Webmail, Online-Nachrichten und soziale Netzwerken die jeweils größten Internet-Destinationen für den US-Markt bilden. Einzelverhandlungen mit Yahoo-Managern sollen bereits erfolgt sein, meldet das "WSJ", sowohl Microsoft als auch News Corp. hätten den Deal vorgeschlagen. Sollte es tatsächlich dazu kommen, läge eine komplexe Integrationsarbeit vor den Partnern - wesentlich komplexer noch, als wenn Microsoft Yahoo alleine schluckt. Auch die kartellrechtliche Seite würde verkompliziert. Die Haltung der Aktionäre ist dementsprechend uneinheitlich.
Einigen sich Microsoft und Yahoo nicht, könnten weitere Monate der Ungewissheit bevorstehen. Ein so genannter Proxy-Fight, eine feindliche Übernahme, bei der der Käufer versucht, die Aktionäre des Übernahmekandidaten von sich zu überzeugen, würde womöglich bis in den Winter dauern. Eine entsprechende Drohung hat Ballmer vor einigen Tagen bereits in einem Brief an das Yahoo-Management getätigt, doch an der Wall Street will eine solche Schlacht eigentlich niemand. Gehen Yahoo und AOL hingegen tatsächlich mit Googles Hilfe zusammen, ginge alles womöglich ganz schnell. Das Nachspiel würde dann bei den Kartellbehörden stattfinden, die Microsoft ohne Zweifel anrufen dürfte. Ein Grinsen über diese Ironie der IT-Geschichte können sich viele Online-Experten nicht verkneifen.
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