leben in funnyland: YVES EIGENRAUCH über falsche Entscheidungen
Spielen mit weniger Gewissen
den versuch war es eigentlich nicht wert. aber wir wissen ja nicht erst seit gestern, dass wir nicht nur das machen, was wir auch wirklich wollen. manchmal müssen kompromisse gefunden werden. guter dinge war ich, einen solchen kompromiss schließen zu können, musste mich aber belehren lassen!
richtige vorfreude herrschte am vergangenen dienstag. vorfreude auf unser erstes champions-league-spiel. doch anders sollte es kommen. ich war naiv: die erste anfrage, ob das spiel wirklich stattfände, wurde mit nur geringen zweifeln bejaht. und wieder war ich zu beflissen, als ich allen ernstes glaubte, mir unser erstes internationales spiel seit drei jahren anschauen zu können. ein irrglaube. nach fünfzehn minuten musste ich das stadion verlassen. das spiel ließ mich mich übergeben müssen. das spiel ist nur als ein spiel zu sehen. zu spielen war uns nicht zu mute!
tage sind vergangen, wir spielen unser spiel mit weniger gewissen weiter. schon können wir sehen, dass wir unbelastet unsere spiele gewinnen können. wäre doch nur nicht . . .; man hätte ja gar nicht anpfeifen dürfen! entscheidungen sind dazu da, getroffen zu werden. manchmal werden nun einmal fehler gemacht. viele kleine und auch einige große. wir, ich, du, sie, es. ach ja, es spielt sich jetzt schlag auf schlag. arme spieler. ist keine wirklich schöne sache, die zeit in hotels zu verbringen, selbst wenn die stadt london heißt. meine güte, ist diese reise spannend. einmal in england spielen, einmal bei einem spiel dabei sein. dieses erlebnis kann eigentlich nur noch von einem spiel in unserer neuen arena auf schalke getoppt werden.
viele änderungen haben sich ergeben. auch im sportlichen. inzwischen sitzen so hochklassige spieler wie gerald asamoah, jiri nemec oder marc wilmots hin und wieder nur auf der ersatzbank. so weit ist es mit mir schon gekommen! jetzt schreibe ich von „nur“. das klima kann angespannter sein. sagt man angespannter?
ich bin angespannt! ich spüre den stress. soll flunkern, obwohl ich das nicht wirklich will. wir flehen darum. aber schön ist es nicht. nicht schön. eine sicht der dinge! kompromisse sollten geschlossen werden. allein, ich bin kein freund von kompromissen. mein universum dreht sich weiter. um uns. unser leben ist ein scheiß-leben. nicht wirklich, oder mache ich es zu einem scheiß-leben? ich wünschte, ich vermochte mein leben einfach sein zu lassen. einfache zufriedenheit!
abschließend darf ich unterstellen: 11.09.2001, 22:18 uhr. kein tor für schalke ist gefallen. schalke verliert. wir spielen fußball und jubeln nur nicht, weil kein tor geschossen wurde.
Autorenhinweis:yves eigenrauch, 30, ist angestellter von schalke 04 und kein freund von kompromissen
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