■ Urdrüs wahre Kolumne: Wurststände zu Musicals
Auf dem Weg von der beruflichen Fronarbeit hin zum alltäglichen Genuss meiner Lieblingssendung „Bonanza“(für Nichtwissende: werktäglich kurz vor vier auf Kabel) begegnen mir am Straßenbegleitgrün drei Kinder um etwa acht Jahre mit einer folienbeklebten Schachtel, in der ein Wellensittich zur letzten Ruhe auf einem Tempo-Taschentuch gebettet ist. Rotz und Wasser heult der eine Knabe, während sein Kumpel mit dem Deckel eines Marmeladenglases eine kleine Kuhle in die Erde wühlt – offenbar bin ich mitten in eine Begräbnisfeier geraten und betrachte die Szene gerührt, eigener Erfahrungen mit einem Hamster gedenkend, der vor knapp vierzig Jahren von einer plötzlich aufgehenden Zimmertür exekutiert wurde. Doch plötzlich fängt die Trauergemeinde an zu singen: „Bumbumbumbum-Bumerang“von Blümchen, und der eben noch Schluchzende begegnet meinem irritierten Blick mit den Worten „Das war Nickis Lieblingslied“. Glaub ich einfach nicht!
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Nachschlag zum Frauentag '97: Nachtragend bin ich wie ein alter Elefant, der noch nach 30 Jahren den Kerl mit Gülle bespritzt, der ihn damals beim Schulausflug mit einer Kastanie bewarf. Und so soll hier und heute aus einem mir vorliegenden Vertrag zwischen Brigittegitt Dreyer einerseits und der trinkfreudigen Combo Big Matten andererseits zum Internationalen Frauenkongress '93 zitiert werden, der als „besondere Vereinbarung“folgenden Passus enthält: „Das Lied von der Bösen Schwiegermutter darf NICHT gesungen werden!“Wenn uns das bittesehr eine eventuelle Schwiegertochter der Bürgerschaftsabgeordneten Dreyer oder ihr alter Mitstreiter Hartmut Frensel mal näher erklären könnten...
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Der Wurststand am Hauptbahnhof gehört vermutlich zu jenen bremischen Attraktionen, die im Zeichen postmoderner Plattmacherei irgendwann einer neuen Gestaltungskultur weichen sollen, und dann wird es solche Dialoge nicht mehr geben wie dort am vergangenen Freitag gehört: „Die Wurst is ja so komisch gekrümmt, die sieht doch sonst ganz anders aus“, mosert ein Kunde, dessen Sweatshirt ihn als „Tampa Beach Lifeguard“ausweist, was aber angesichts seiner Brillengläser von der Dicke eines Flaschenbierbodens wenig glaubhaft erscheint. „Sie solln die ja nich ankucken sondern esse, junger Mann“, entgegnet die Dame vom Grill, worauf dieser müde kontert „Aber das Auge isst auch mit“und dann verdrossen mit dem Verzehr beginnt. Mit solchen Theaterszenen aus dem stadtbremischen Alltag will die hiesige Tourismusförderung offenbar weltweit für einen Besuch bei den Stadtmusikanten und den Untoten im Bleikeller werben: Die Verköstigung mit einer Bratwurst ist samt eines Bremer Kärtchens Hauptbestandteil einer Programm-Package, mit der die Stadt von Heine Holtenbeen und Jens Eckhoff derzeit auf der ITB um Besucher wirbt. Schon deshalb muß der Wurststand bleiben, bis er vielleicht durch ein Musical ersetzt wird!
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Ein wahrscheinlich ziemlich illegaler Händler mit allerhand Duftwässern in prachtvollen Flacons für nur zehn Mark das Stück hat seinen mobilen Stand in Form einer schmuddelschwarzen Samtdecke am Brilltunnel eröffnet. Der zweifelnden Nachfrage einer Interessentin, ob „das Schanell da“echt wäre, begegnet der Chef der Parfümerie mit ernster Miene und eindrucksvoller Geste. Die Hand auf das Herz gelegt verkündet er „Riecht ganz echt, ich schwöre!“. Wir glauben ihm.
Bitte bleiben Sie gesund
Ulrich Reineking
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