: Wüste Trivial-Schwarten-betr.: "Der Ringer als Schriftsteller" von Klaus Nothnagel, taz vom 2.3.92
betr.: „Der Ringer als Schriftsteller“ von Klaus Nothnagel, taz vom 2.3.92
Ihr Mitarbeiter Klaus Nothnagel feiert am 2.3.92 den 50. Geburtstag von John Irving. Und weil er den Schriftsteller so gern hat, erzählt er gleich zweimal: „Heute wird John Irving fünfzig“. Auf zwei Spalten rechnet er mit dem kurzen Gedächtnis seiner Leser. Auch erklärt er den Abonennten Ihres meist fehlerhaft gesetzten Blattes , daß Irvings Roman „Garp“ „von tiefster Verzweiflung bis zu entfesselter Komik pendelt“. Klaus Nothnagel meint sicher einen Pendel-Roman von Eco? [...] Jedoch bürdet er dem gewichthebenden John Irving allzuviel schwergewichtigen, taz-eigenen Sprach-Unsinn auf: Da ist von einer „Dreiecks-Liebe“ (was zum Teufel ist das denn?) die Rede, da läßt ein „weiter Bogen“ allerlei Stories „wieder ins Waisenhaus von St. Cloud münden. Merkwürdig.“ Ja, Merkwürdig. Und dann gesteht Nothnagel auch noch dieses ein: „Wenn man versucht, Irvings Romane nachzuerzählen, hören sie sich immer wie wüste Trivial-Schwarten an.“ Was er sagen will ist, daß sich seine Nacherzählungen bereits auf zwei Spalten wie wüste Trivial-Schwarten anhören. Indes hat Klaus Nothnagel ein Einsehen mit sich selbst und gibt zu: „Man müßte wohl sehen, hören und schreiben können wie Irving selbst, um ihn auch nur angemessen würdigen zu können.“ Ja, lieber Klaus Nothnagel, [...] warum glaubst Du, im „wohlgeordneten Labyrinth“ von Irvings Geschichten „viel eigene Biographie wiederzufinden über Kontinente und Jahrzehnte hinweg“? [...] Und wie kommst Du dazu, der Du des Deutschen niemals mächtig sein wirst, zu behaupten, John Irvings „Garp“ sei „fehlerhaft übersetzt“? Mehr noch, wie ist es möglich, daß auf der Rückseite der Bundesliga-Tabelle vom 26. Spieltag (Duisburg-Bremen 0:0) ein Satz zu lesen ist, der noch im Isar- Loisach-Boten den Abstieg des Redakteurs von der Kreis- in die Unterkreisliga zur Folge gehabt hätte: „Bei ‘Laßt die Bären los' (...) kann man zwar schon den oft leicht makabren Irving-Humor entdecken; auch die schwächlichen, von einer lebensgeschichtlichen Sackgasse in die andere tappenden Männer und die unverwüstlich starken Frauen sind schon vertreten.“ Ja, zum Teufel, Klaus Nothnagel, wer bist Du, Kritiker, der Du blindlings durch die taz tappst? Dr. Michael Naumann, Reinbek
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen