: Wortgewaltige Bekenntnisse
■ Regierungs- und Staatschefs wollen den Terror bekämpfen und den Frieden im Nahen Osten retten. Syrien kritisiert das Treffen als "Propagandaveranstaltung"
Scharm al-Scheich (AFP/taz) – Einhellige Unterstützung für den Friedensprozeß im Nahen Osten haben die Staats- und Regierungschefs aus rund 30 Ländern gestern auf dem Gipfeltreffen im ägyptischen Scharm al-Scheich bekundet. „Wir werden den Kampf um den Frieden gewinnen“, sagte US- Präsident Bill Clinton. Direkt an die Hamas-Attentäter gewandt, fügte er hinzu: „Sie werden keinen Erfolg haben.“ Israels Regierungschef Schimon Peres machte zum Auftakt des Anti-Terror-Gipfels erneut Iran für den Terror in der Region verantwortlich. Der palästinensische Präsident Jassir Arafat bekräftigte „die Entschlossenheit des gesamten palästinensischen Volkes, den Terrorismus von unserem Boden auszuradieren“. Hamas rechtfertigte in Amman die Gewaltakte gegen Israel, erklärte sich aber zu Verhandlungen bereit.
An der geplanten Abschlußerklärung des Gipfels wurde bis zuletzt gefeilt. Während Israel den Akzent vor allem auf den Kampf gegen den Terrorismus legen wollte, beabsichtigten die Palästinenser, die Fortsetzung des Friedensprozesses in den Vordergrund zu stellen. Dies war auch in dem Entwurf vorgesehen, den Ägypten und die USA gemeinsam vorgelegt hatten. Mehrere arabische Staaten verlangten eine allgemeine Verurteilung von Gewalt im Nahen Osten, nicht nur der Aktionen gegen Israel. „Der Terrorismus ist nicht anonym, er hat einen Namen und eine Adresse, er hat Bankkonten und eine Infrastruktur. Er wird von Iran geführt“, sagte Peres. Von der Palästinensischen Autonomiebehörde verlangte Peres ein hartes Vorgehen „gegen die Kommandozentralen der Mörder“.
Arafat bekräftigte seine Entschlossenheit im Kampf gegen die Fundamentalisten-Organisationen Hamas und Islamischer Heiliger Krieg. Der Traum von der palästinensischen Autonomie lasse sich „nicht inmitten von Blut und Tränen verwirklichen“. Arafat rief zur Gründung einer internationalen Organisation gegen den Terror auf. Clinton warf der Hamas vor, „den Frieden töten“ zu wollen. Der Gipfel zeige jedoch, daß dies nicht gelingen werde. Clinton wird nach dem Gipfel nach Israel weiterreisen.
Ägyptens Präsident Husni Mubarak betonte, die Zukunft der Nahost-Region könne nur durch wirklichen Frieden gesichert werden. Dies gelte auch für Israel. Jordaniens König Hussein schlug ein internationales Informationssystem über Terroraktivitäten vor. Rußlands Präsident Boris Jelzin sagte, die internationale Gemeinschaft unterstützte Israeli und Palästinenser im Kampf gegen den Terror. Die UNO ist nach den Worten ihres Generalsekretärs Butros Ghali bereit, diesen Kampf zu koordinieren.
Peres bekräftigte vor Konferenzbeginn, Israel werde an der Abriegelung der Palästinensergebiete auf unbestimmte Zeit festhalten. Diese war nach der Serie von Attentaten verhängt worden, bei denen seit dem 25. Februar in Israel 62 Menschen getötet wurden. Peres betonte allerdings auch, die Palästinenser sollten nicht „ausgehungert“ werden. Zudem gratulierte er Arafat zu Erfolgen im Kampf gegen Hamas. Arafat kritisierte erneut die Abriegelung, durch die bereits vier Palästinenser gestorben seien. Solche kollektiven Strafmaßnahmen bereiteten Extremisten einen fruchtbaren Boden. In Nablus protestierten 3.000 Palästinenser gegen die Abriegelung.
Boykottiert wurde der Gipfel von Syrien und Libanon. Iran, Irak, Sudan und Libyen waren nicht eingeladen. Im iranischen Rundfunk wurde das Gipfeltreffen als Versuch bezeichnet, „die Unterdrückung islamischer Bewegungen in Palästina“ zu rechtfertigen. Die syrische Regierung bezeichnete den Gipfel als eine „Propagandaveranstaltung“, mit der die israelische Besetzung arabischer Gebiete gerechtfertigt werde.
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