Wolfsburger Fußballerinnen im Pokal: Konkurrenz gesucht
Den DFB-Pokalsieg des VfL Wolfsburg über die SGS Essen kann fast nur ein Wunder verhindern. Spannend wird es für den Eliteklub aber andernorts.
Der deutsche Frauenfußball ist noch viel stärker als jener der Männer von zwei Machtgebilden geprägt: dem FC Bayern und dem VfL Wolfsburg. Wolfsburg ist dabei die Regentin, Bayern eher das, was bei den Männern Borussia Dortmund wäre. Die Wolfsburgerinnen haben gerade die vierte Deutsche Meisterschaft in Serie gefeiert mit einem absurd dominanten Torverhältnis von 93:8 und ohne Niederlage.
Am Samstag gegen die SGS Essen (17 Uhr/ARD) werden sie, wenn kein himmlisches Wunder geschieht, auch den DFB-Pokal holen. Beide Vereine sichern sich fast alle deutschen Nationalspielerinnen; zuletzt gingen Klara Bühl, Marina Hegering und Lea Schüller zum FC Bayern, während der VfL Wolfsburg Pauline Bremer, die hoch gehandelte Lena Oberdorf und Kathrin Hendrich verpflichtete.
Spielerisch, aber vor allem in der öffentlichen Wahrnehmung sind die Wolfsburgerinnen enteilt. Ihr Konzept wirkte stets stringenter, die Überzeugung größer, die interne und externe Sichtbarkeit höher. Wenngleich die VfL-Frauen von Gleichberechtigung weit entfernt sind; der Vaterklub verbot ihnen symbolträchtig 2017 die Meisterparty, weil die Männer gerade Relegation spielten.
Früher als die Fifa aber hat der VW-Klub erkannt, wie sehr Frauenfußball das Image aufbessern kann. Inmitten von Dieselskandalen gibt es da schöne Nachrichten über Frauenförderung und Double-Siege und durchaus auch echte Rückkopplungen in den Männerbereich: Die berühmte von Nilla Fischer eingeführte Regenbogenbinde tragen nun auch die VfL-Männer.
Ein paar Farbtupfer
Es wird gewiss niemand Fan der Wolfsburger Männer, weil die Frauen zur Weltspitze zählen und gegen Diskriminierung eintreten. Aber dem grauen VfL gibt das einen Farbtupfer, den dieser, so darf man unterstellen, sehr gern aufnimmt. Und mittlerweile, freilich erst als Reaktion auf die sportlichen Erfolge und keineswegs als Masterplan, engagiert finanziert.
Mit dem Boom in England und Spanien und den lukrativen Angeboten der englischen WSL, die gerade Bayern-Kapitänin Melanie Leupholz zu locken vermochte, wird der ökonomische Druck größer. Die Karte Frauenfußball spielt man jetzt nicht mehr einfach so nebenbei, man spielt sie mit Überzeugung oder gar nicht.
Sehr vernehmbar hatte Wolfsburgs Sportlicher Leiter Ralf Kellermann in den letzten Jahren über den mangelnden Wettbewerb in der Liga geklagt. Für den VfL Wolfsburg ist der zunächst finanziell vehementere Angriff der Bayern-Frauen daher eine gute Nachricht.
Als einem der wenigen Vereine ist es dem VfL gelungen, eine solide Publikumsbasis mit vor Corona etwa 1.300 ZuschauerInnen aufzubauen, der höchste Schnitt der Liga. Die Frauen sind erfolgreicher als die Männer, und Konkurrenzveranstaltungen sind in der Autostadt überschaubar. Mickrig aber sehen die Zahlen aus im Vergleich zur WSL, wo Chelsea, Arsenal, ManCity und Manchester United in der abgebrochenen Saison allesamt Schnitte über 2.000, im Falle von Chelsea sogar über 3.000 verzeichneten, die Highlight-Spiele in großen Stadien gar nicht miteingerechnet.
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Wolfsburgs Chef Kellermann steht mit kritischen Aussagen zur deutschen Frauenfußballlage oft allein auf weiter Flur. Kürzlich sagte er der Deutschen Welle: „Wir sind zwar seit Jahren international top, aber von den Bedingungen her gehören wir nicht zu den Top acht. Das muss man realistisch sehen.
Stellen Sie sich vor, Sie wären 25 Jahre alt, eine europäische Topspielerin und haben die Chance, zum FC Barcelona zu gehen, Paris St. Germain, Olympique Lyon, FC Chelsea, FC Arsenal, Manchester City, FC Bayern und Wolfsburg. Da kann man sich ausrechnen, dass es bei den erstgenannten Klubs wirtschaftlich definitiv anders aussieht als bei uns, dass die Strahlkraft dieser Vereine und Städte eine andere ist.“
Gerade die Standortvorteile, die dem Frauenfußball in Wolfsburg einen fruchtbaren Boden bereiten, könnten ihm bei einem größeren europäischen Investitionsboom zum Nachteil werden. Eine kleine, unattraktive Stadt, eine wenig erfolgreiche Herrenmannschaft und ein Klub, dessen finanziellen Möglichkeiten gegen PSG oder ManCity rasch Grenzen gesetzt sind.
Noch ist unklar, ob eine fortdauernde Coronakrise mit allen wirtschaftlichen Konsequenzen dem zarten Blühen des Frauenfußballs schnell ein Ende bereitet. Oder ob sie im Gegenteil, wie gerade in Dortmund und Schalke, zu vorerst günstigen PR-Offensiven mit Frauenteams führt.
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