Wolfsangriff auf Kinder in Polen: Bissiger Wolf könnte Lockopfer sein
Veranstalter von Fotosafaris füttern Wildtiere und nehmen ihnen so die Scheu vor Menschen. Für die Tiere endet das oft tragisch.
Warum hatte dieser kaum einjährige Jungwolf keine Scheu vor Menschen? War er wie im Falle der Wölfin Harda und dem Welpen Dymek von Menschen aus dem Wald mitgenommen und dann in einem Hundezwinger neben einem Wohnhaus gehalten worden? Oder war er von Menschen mit Futter angelockt worden, um Fototouristen das Schießen fantastischer Wolfsbilder zu ermöglichen? Diese Fragen sind nach wie vor offen.
Sabina Nowak, Wolfsexpertin und Vorsitzende des „Vereins für die Natur – WOLF“, warnt auf der Website ihres Vereins nicht nur vor dem Anlegen solcher Lockplätze. Sie appelliert auch an Tierfotografen, sich nicht auf solche Reiseangebote einzulassen. Denn die regelmäßig durch Köder angelockten Tiere – seien dies nun Wölfe, Luchse oder Bären – verlören mit der Zeit die Scheu vor Menschen. Sie gewöhnten sich an die Fütterung wie auch an das Gefilmt- oder Fotografiertwerden. Für die Tiere ende dies irgendwann tragisch, sagt Nowak. Denn sie werden abgeschossen, sobald sie sich zu sehr den Menschen näherten.
So wurde vor einiger Zeit in Sachsen das Todesurteil über einen Wolf verhängt, der sich in Dörfern nahe der Grenze über Essensreste hergemacht hatte. In diesem Fall zeigen die Nachforschungen, dass das Tier mit hoher Wahrscheinlichkeit Opfer einer dieser Wolfsfallen für Fotosafaritouristen geworden war und so seine Scheu vor Menschen verloren hatte.
Da vor kurzem auch ganz in der Nähe des beliebten Ferienortes Wetlina im Bieszczady-Gebirge solche Fotofallen mit Fleischködern gefunden wurden, liege die Vermutung nahe, so Sabina Nowak, dass auch der Wolf, der die beiden Kinder angegriffen hatte, so seine Menschenscheu verloren habe. Zwar gibt es dafür keine konkreten Beweise, aber diese Erklärung wäre plausibel.
Auf Fotos, die vor kurzen vermehrt aufgetaucht seien, seien immer wieder die gleichen Wölfe zu sehen. Auch dies sei ein Hinweis für eine Fotofalle. Eine der Wölfinnen sei trächtig. Sie werde demnächst wohl mit den Wolfswelpen zum Futterplatz kommen.
Nowak warnt davor, Wolfbilder auf sozialen Netzwerken zu „liken“, die ganz eindeutig alle an einem Ort aufgenommen worden seien. Dies deute auf eine Fotofalle hin. Auch Touristen sollten keine Fotosafari buchen, bei der Raubtiere durch Köder angelockt würden. Dies sei auf den ersten Blick zwar effizient für all jene, die keine Zeit für eine echte Naturbeobachtung mitbringen. Letztlich sei es aber gefährlich – für Mensch und Tier gleichermaßen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt