Wolfgang Jüttner: "Jeder darf Bücher schreiben"
Inhaltlicher Streit produziert Profil, meint der niedersächsische SPD-Fraktionschef Jüttner. Diskreditieren durch Heckenschützen sei aber verboten.
taz: Herr Jüttner, sind Sie auch eine Heulsuse?
Wolfgang Jüttner: Nein. Ich bin eher ein optimistischer Mensch. Wieso fragen Sie?
So bezeichnet Herr Steinbrück diejenigen in Ihrer Partei, die sagen, mit der Agenda 2010 habe Schröder das soziale Image der SPD verspielt - also Parteilinke wie Sie.
Herr Steinbrück schießt gern aus der Hüfte. Dabei geht schon mal der ein oder andere Schuss daneben. Ich weiß um die konjunktur- und beschäftigungspolitische Bedeutung der Agenda 2010. Aber Heroisierung von Gesetzen hat sich selten bewährt.
Sie sind also froh über das Machtwort Ihres Parteichefs?
Die dauerhafte Diskreditierung von Kurt Beck durch unerkannte Heckenschützen schadet der SPD. Deshalb habe ich großes Verständnis dafür, dass der Parteivorsitzende mal kräftig auf den Tisch haut.
Haben Sie das Buch der Beck-Kritiker Steinbrück, Steinmeier und Platzeck schon gelesen?
Bislang nur Autorenliste, Vorwort und Inhaltsverzeichnis - zu mehr fehlte bislang die Zeit.
Ist es hilfreich, dass Steinbrück mehr Wirtschaftsprofil für die SPD fordert, wenn die SPD besonders schlecht steht?
Jeder darf Bücher schreiben, sie sind ein legitimer Diskussionsbeitrag innerhalb der SPD. Aber wenn die Autoren Teilen der Partei ein vorgestriges Sozialstaatsverständnis unterstellen und für sich alleine die Moderne reklamieren, widerspreche ich.
Wie ist denn nun die Körpersprache der SPD: mehr in Richtung vorsorgendem oder eher zum traditionellen Sozialstaat?
Mein Sozialstaatsverständnis lässt nicht zu, die beiden Themen gegeneinander auszuspielen.
Becks Poltern zeigt, dass er nicht unumstritten ist. Wird er die Attacken aus den eigenen Reihen überstehen?
Kurt Beck macht einen ordentlichen Job als Parteivorsitzender. Wer glaubt, es besser machen zu können, soll sich melden.
Stört das zerrissene Bild der SPD Ihren Landtagswahlkampf in Niedersachsen?
Die SPD ist unverdächtig, Sachwalter politischer Friedhofsruhe zu sein. Nur inhaltlicher Streit produziert Profil.
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