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Wohnungsbau der AmpelkoalitionEs geht um Bezahlbarkeit

Jasmin Kalarickal
Kommentar von Jasmin Kalarickal

Die Bundesrepublik hat ihre Neubauziele deutlich verfehlt. Aber die wirklich wichtige Frage ist: Wie viel davon sind Sozialwohnungen?

Baustelle Wohnungspolitik Foto: Imago

D ie Bundesregierung hat ihre Neubauziele verfehlt, eine große Überraschung ist das nicht. Man hat es jetzt nur schwarz auf weiß. Statt angepeilten 400.000 neuen Wohnungen sind im Jahr 2022 nur 295.300 neue Wohnungen entstanden. Das ist angesichts der erschwerten Baubedingungen im Zuge des russischen Angriffskrieges nicht ganz so schlecht wie erwartet. Es darf aber nicht darüber hinwegtäuschen: Die derzeitige Wohnungspolitik der Ampelregierung ist ein Verarmungsprogramm.

Die entscheidende Zahl fehlt nämlich. Wie viele Sozialwohnungen neu entstanden sind, ist derzeit noch unklar. Die angestrebten 100.000 sind es ganz sicher nicht. Seit Jahren sinkt die Gesamtzahl der Sozialwohnungen, weil diese nach einer gewissen Zeit aus ihrer Sozialbindung herausfallen. Wichtig ist: Es geht hier nicht um Zahlenklauberei, sondern darum, ob wir zulassen, dass in diesem Land das Grundbedürfnis Wohnen weiter zum Luxusgut verkommt.

Fokus muss auf Umbau liegen

Das Thema verdient in der politischen Debatte einen ganz anderen Stellenwert. Entscheidend ist deshalb nicht, wie viele neue Wohnungen entstehen, sondern wie viele bezahlbare Wohnungen entstehen. Der Fokus muss dabei auf Umbau und Aufstockung liegen, das ist klimapolitisch geboten. Wer die Wohnungsnot lindern will, darf zudem das Mietrecht nicht ausklammern.

Im vergangenen Jahr haben 3,1 Millionen Haushalte mehr als 40 Prozent ihres Einkommens oder mehr für ihre Miete ausgegeben. Und das bei Inflation, steigenden Energiekosten und steigenden Mieten. Besserung nicht in Sicht: Mit dem geplanten Heizungstausch werden nicht nur kleine Ei­gen­tü­me­r*in­nen belastet, sondern auch die Mieten werden weiter steigen. Aber davon redet kaum jemand. Vielleicht, weil der für Mietrecht zuständige Justizminister Marco Buschmann (FDP) ohnehin jede kleinste Verbesserung im Mieterschutz blockiert. Damit darf man sich nicht abfinden. Die derzeitige Wohnungspolitik der Bundesregierung lässt nicht nur Arme, sondern auch weite Teile der Mittelschicht im Stich. Den Fokus nur auf eine Zahl zu richten, hilft deshalb nicht weiter.

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Jasmin Kalarickal
Redakteurin
Jahrgang 1984, ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.
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7 Kommentare

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  • Wieviele Sozialwohnungen waren es denn jetzt?



    Und, sozialer Wohnungsbau ist Ländersache. Die Autorin richtet ihre Erwartungen an die falsche Stelle ("Die Bundesregierung hat ihre Neubauziele verfehlt").

  • Was auch immer wieder vergessen wird bei der Rechnung, das immer mehr leute anspruch haben auf eine Sozialwohnung!!!

    Wenn man unter 35.000 Brutto verdient, hat man hier und da schon anspruch auf mittlestandsförderung. Und es gibt kaum anständig bezahlbare Wohnungen (in der großstadt) für unteren mittelstand & singles unter 50qm!!!!



    Außer massiv runtergewirtschaftete wohnungen, wo man innerhalb 3 monate die depression bekommt. Die sind aber natürlich auch ohne förderung.



    Wenn man glück hat, bekommt man als paar/familie 2 Angebote pro jahr für wohnungen über 55qm!!!

    die gentrifizierung schlägt gerade also richtig zu. den meisten leuten die über 3000 verdienen und cdu, spd, fdp wählen ist das natürlich egal, manche freuen sich sogar darüber....



    Und das passiert auch nicht einfach so, das hat (unbewusstes bis bewusstes) system!!!



    51% ignoranz, 15% reaktionismus ohne brauchbare lösung, 20% falsche prioritäten und 14% absicht!



    lang lebe die ignoranz der mitte!

    und was war grad nochmal der wichtigste grund für soziale konflikte in den letzten 15.000 jahren???



    oh, ach so ja, die verteilung und nutzung von land.



    prioritäten gelle



    hauptsache wir gucken den bachelor auf rtl und jede menge fussball und soaps und tiiiiieeeeefgründige talkshows voller wissen.....

    filmtipp:



    PUSH - für das grundrecht auf wohnen



    (mindjazz pictures)

    Lösung (schon mehrere jahrhunderte alt):



    Land und Wohnungen vergemeinschaften



    Mobilität in die Rand- und Landbezirke verbessern

    aber nein, wir ignorieren die wissenschaft einfach noch ein bisschen, bis der schweinehund und alle kollateralsubjekte massiv genötigt werden ... lang lebe die unbewusste, blinde ideologielose und gemeinschaftslose gesellschaft!



    party on!

    • @Christian Will:

      Und wie wählen sie dann ihre Mieter aus? Selbst wenn die Wohnungen mit der Wünschelrute herbeigezaubert könnten, können nicht alle in den beliebtesten Ecken wohnen.



      Momentan entscheidet das Geld. Offensichtlich kein soziales Kriterium.



      Und anderswo stehen Wohnungen leer. Hier müsste der Staat für bessere Anbindung/ höhere Atraktivität sorgen.



      Jedes Jahr steigt der pro Kopf Verbrauch an Quatratmetern. Vielleicht könnten (so wie früher) Renter Studenten aufnehmen? Vielleicht könnten Alleinerziehende zusammenziehen und so mehrere Probleme (z.B Betreuungsituation) gleichzeitig lösen.



      Es gäbe so viele Ansätze.



      Und es ist genauso falsch immer nach Enteignung zu rufen, wie die Gegenseite nur Neubau propagiert.

      • @Diana Klingelstein:

        In den Ballungsräumen gibt es weniger als 1 Prozent Leerstand. (Berlin aktuell 0,5). Dass die Wohnungssuche in Ballungsgebieten ca 3 Jahre braucht ist das neue Normal. Im Übrigen auch für den Mittelstand, insbesondere für Familien die mehr als eine 1,5 Zi-Wohnung suchen. Im Neubau und bei Sanierungen entstehen überproportional viele kleine Luxuswohnungen, die für Anleger:innen von Immobilienkonzernen tolle Gewinnmodelle sind, aber vollkommen vorbei am Bedarf gehen. Die Regierungen haben über die Jahrzehnte ihre Aufgabe für Bedarfsgerechten Wohnraum zu sorgen immer weiter vernachlässigt und die Wohnungspolitik inzwischen vollständig dem freien Markt überlassen. Auch die staatlichen Förderungen, die es noch gibt (Wohngeld, Förderung für sozialen Wohnungsbau, Förderung für Neubau) landen auf den Konten internationaler Immobilienkonzerne ohne dass dadurch wirksame Maßnahmen geleistet werden. (Bedarfsgerechte Wohnungsangebote). Seit den 90er Jahren verscherbelten die Länder im großen Stil staatlichen Wohneigentum bzw. Wohnungsbaugesellschaften und verloren so jeglichen Einfluss auf Bereitstellung von Wohnraum und Mietpreisgestaltung. Als Sofortprogramm hilft nur eine Mietpreisbremse auf Bundesebene und mittelfristig ist der Rückkauf bzw. Ankauf größerer Mietwohnungsbestände insbesondere in den Ballungsräumen ein Muss um zurück zu Bedarfsgerechtem Wohnraum zu kommen. Auch wäre ein Bodenreform dringend nötig, denn es sind die ins Absurde steigenden Bodenpreise, die Bauen und Verkäufe von Wohngebäuden abartig verteuern, schwankende Baukosten machen da den kleineren Teil aus. Verstaatlichung des Bodens, so dass nur noch für die eigentliche Leistung des Gebäudebaus, Verkaufs, Sanierung bezahlt werden muss wäre ein weiterer Schlüssel für Bedarfsgerechte Wohnangebote im Verkauf und für bezahlbare Mieten.

        • @Nina Janovich:

          Haben sie in letzte Zeit mal versucht ein Haus zu bauen? Oder zu sanieren? Wissen sie was da am Ende für eine Miete rausfällt? Selbst ohne Vonovia Erwartungen?

    • @Christian Will:

      "PUSH - für das grundrecht auf wohnen"

      Genauso effektiv wie das Grundrecht auf einen Kindergartenplatz.

      "Und es gibt kaum anständig bezahlbare Wohnungen (in der großstadt) für unteren mittelstand & singles unter 50qm!!!!"

      Wir haben seit 2015 3 Millionen mehr Menschen, die untergebracht werden wollen. Und ein Staat der aus der Not heraus jeden Mietpreis zahlt.

      Geliefert wie bestellt.

  • Solange Sozialwohnungen auf Grund der hohen gesetzlichen Auflagen Verlustgeschäfte sind werden sie nur vereinzelt im Windschatten von teureren normalen Wohnungen gebaut werden können.



    Macht das Bauen billiger, senkt die Auflagen..dann wird auch wieder mehr gebaut. Auch Sozialwohnungen.