Marion Ackermann und die Preußenstiftung: Wohin steuert das schwere Kulturschiff?
Hermann Parzinger geht als Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Marion Ackermann kommt und zwischendurch wird die Berliner Museumsinsel gefeiert.

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz wird in den kommenden Monaten noch vieles veranstalten, um an die nunmehr 200 Jahre Geschichte der heutigen Staatlichen Museen zu Berlin zu erinnern. Den Auftakt der Jubiläumsfeierlichkeiten machte an diesem Wochenende eine Art Bürgerfest auf der Museumsinsel. Mit Pop-up-Konzerten im Unesco-Weltkulturerbe, Yogakursen, Kindergewusel, Entspannen im Flixtrain-grünen, weil vom Verkehrsunternehmen gesponserten Sonnenstuhl unter den Kolonnaden aus dem 19. Jahrhundert, mit mehr als 70 Sonderführungen. Dem Vernehmen nach war dieses heitere Fest ein Abschiedswunsch des bisherigen Stiftungspräsidenten Hermann Parzinger, der am letzten Donnerstag nach 17 Jahren Amtszeit in den Ruhestand ging. Eine heitere Stimmung, die wohl auch den Vorstellungen von Parzingers Nachfolgerin entspricht, der von den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden nach Berlin wechselnden Marion Ackermann – und doch auf der Museumsinsel selten ist.
Die Museumsinsel war nämlich von Beginn an ein hochpolitisches Projekt. Bis in die Details hinein erzählt die Architektur der seit 1825 entstandenen sechs Häuser auf der Spreeinsel bis heute von hohem Idealismus, Wissensdurst und Bildungslust, Nationalbewusstsein, von imperialen und kolonialen Allüren sowie staatlichem Modernebewusstsein in Preußen und seiner Nachfolgestaaten. Auch deswegen hat seit 1990 der Bundestag immer wieder immense Gelder für die Bauarbeiten an der Museumsinsel zur Verfügung gestellt. Umso geiziger zeigten sich Bund und Länder bisher bei der Bewilligung von Betriebsgeldern für Ausstellungen, Ankäufe, Instandsetzungen, Personal.
Nun soll alles besser werden, versprachen die Politiker jetzt Marion Ackermann zum Amtsantritt. Schon ab Dezember 2025 werde das von Parzinger mühsam verhandelte neue Stiftungsgesetz 10 Prozent mehr Geld geben. 12 Millionen Euro insgesamt.
Sanieren, Sanieren, Sanieren
Das ist aber angesichts der Aufgaben, vor denen die SPK und Ackermann stehen, geradezu lächerlich: Alleine die ständig verschobene Sanierung der Depot- und Forschungsbauten in Dahlem wird inzwischen um die 300 Millionen kosten. Die Sanierung des Alten Museum von Karl Friedrich Schinkel steht an, dessen Grundsteinlegung jetzt überhaupt Anlass für die Feierlichkeiten auf der Museumsinsel gibt. Ganze Häuser mussten kürzlich tageweise geschlossen werden, weil kein Geld für Aufsichten da ist – für Ankäufe schon gar nicht.
Die meisten Bauten der Stiftung haben zwischen dreißig und siebzig Jahren Dauerbetrieb hinter sich, immer mangelte es an Pflegegeldern. Die Staatsbibliothek musste den Anspruch aufgeben, Universalbibliothek zu sein. Zudem ist der auf 1,5 Milliarden Euro kalkulierte Radikalumbau im Pergamonmuseum bei Weitem nicht abgeschlossen: Er soll um 2040 fertig sein, nach Plänen von 1999. Auch das Museum der Moderne am Kulturforum von Herzog & de Meuron, „berlin modern“ genannt, wird mit ca. 600 Millionen Euro Kosten wohl der teuerste Museumsneubau der deutschen Museumsbaugeschichte werden. Und wer wird die Museen im Humboldtforum finanzieren, die um eine postkoloniale Sicht auf die Welt kämpfen?
Ackermann möchte jetzt mehr private Gelder akquirieren. Für eine große amerikanische Mäzenatentradition, bei der schon mal Hunderte von Millionen Dollar für Kulturhäuser zusammenkommen können, fehlt es allerdings in Deutschland an so ziemlich allen Voraussetzungen, wie schon Parzinger erfahren musste. Außerdem zeigt der Blick auf die USA, dass auch dort Abschreibungsgesetze letztlich die Steuerzahler belasten können.
Die Preußenstiftung: Mehr als eine Museumsinstitution
Das Erbe, das Ackermann antritt, ist also schwer. Selbst wenn man die anstehende Stiftungsreform nicht berücksichtigt. Bei der kritisieren Mitarbeiter:innen etwa, dass die SPK auf Jahre vor allem mit sich selbst beschäftigt sein werde und die Stiftungszentrale mehr als zuvor zur Schiedsinstitution werden könne. Auch die Eingriffsmöglichkeiten der Politik könnten größer werden.
Die SPK ist nicht nur eine Museumsinstitution. Ihr Geheimes Staatsarchiv, zum Beispiel, ist eines der wichtigsten historischen Archive Deutschlands. Mit dem Ibero-Amerikanischen Institut, dem Institut für Musikforschung und dem Rathgen-Labor hat sie weltweit angesehene Forschungseinrichtungen. Auch wenn die Jubiläumsfeier auf der Museumsinsel die Aufmerksamkeit mehr auf die klassischen Ausstellungshäuser lenkt, die jetzt angetretene SPK-Präsidentin Marion Ackermann wird mehr als ihre Übermuseumsdirektorin sein müssen.
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