■ Mit Versprechungen auf du und du: Wo ist die Milliarde?
Berlin (taz) – Das vergangene Jahr hatten Deutschlands Industrie- und Bankmanager mit guten Vorsätzen begonnen. Einen Solidarpakt für die jungen Bundesländer wollte der Kanzler zusammenbringen. Das neugeschöpfte Wort klang so gut, daß sogar die sonst so vorsichtigen Banker vor aller Öffentlichkeit ankündigten: Eine Milliarde Mark ist uns das Gelingen der Einheit wert. Und die Industrie versprach, möglichst viel von ostdeutschen Betrieben zu kaufen.
Auf die „Einkaufsinitiative Ost“ lassen sich heute die Industriellen nur äußerst ungern ansprechen; gab es doch einen ganz realen Rückgang der Einkäufe westdeutscher Firmen in Ostdeutschland, während die ostdeutschen Firmen immer mehr Waren aus dem Westen beziehen. Seit dem Wochenende nun befinden sich auch die Banker im akuten Erklärungsnotstand. Denn niemand hat ihre Milliarde gesehen.
Heinrich Hornef, Finanzvorstand der Treuhandanstalt, verkündete gestern in Berlin das „magere Ergebnis“ des Bankier-Versprechens: eine Fisch- Handelsfirma und ein Nadel- Hersteller wechselten in das Eigentum zweier Banken. Wieviel Geld dabei investiert wurde? Genau könne er das nicht sagen, meinte der Herr über die Anstaltsbilanzen: „Es lohnt sich nicht, das zu zählen.“ Außer Spesen nichts gewesen: Die Treuhand gründete einen Arbeitskreis, der den Bankern immer wieder neue Vorschläge für eine Beteiligung unterbreitete. Die privaten Banken schufen eine „Beteiligungsgesellschaft Neue Länder“ (BNL), deren Unterhändler im Fall der „Magdeburger Hochbau“ den endverhandelten Kaufvertrag beim eigenen Beirat nicht durchbekamen. Häufig reagierten die Banker geradezu ängstlich auf den Wilden Osten: Viele der 214 Firmen, welche die Treuhand als sanierungsfähig den Banken anbot, erschienen deren Managern als großes Risiko. „Die haben sich da echt schwergetan“, so Hornef. Kaufinteressierte aus der Industrie haben sich ihre Entscheidung leichter gemacht und den Banken 100 Firmen weggeschnappt. Auch die Entscheidungsgeschwindigkeit der Treuhand war größer, als es „die Banken gewohnt sind“, umschreibt der Treuhandmanager das unflexible Geschäftsgebaren.
Die Treuhand will aber unbedingt, daß die Banken ihre Zusage noch einhalten und ihnen ein „letztes Aufgebot“ von 50 bis 60 mittelgroßen Firmen zum Kauf anbieten. Im Prinzip wäre deren Sanierung billig zu machen: für 20 bis 40 Millionen Mark für eine durchschnittliche mittelgroße Ostfirma. dri
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