: Witz mit Wattefrequenzen
■ Ragamuffin am 10. Juli im „Powerhouse“ mit Silly Walks Sound System und Gästen
Die Fete steigt, wo vormals Vertreter eines eindeutigen Berufstandes für Muskeln trainierten und schwitzten: Im Powerhouse, malerisch gelegen an einer Strassengabelung an der Simon-von-Utrecht-Straße, hat das Silly Walks Sound System den geeigneten Platz für einen Ragamuffin Showdown ausgemacht.
Für diesen High Noon ab Sonnenuntergang verpflichteten die Fleißarbeiter um den DJ Tobias Nagl unter anderem den Londoner Toaster Tenor Fly. Der Session-Kollege von Rebel MC hat einer seiner jüngsten „Versions“ (Fassung von Stücken, bei denen unterschiedliche Vokalisten oder DJ's gleiche Rhythmus-Tracks kreativ belegen) den geläufigen, sympathischen „Oh, Carolina“-Riddim zugrunde gelegt. Der seit den 70er Jahren aktive DJ Peter Chemist wird das Ergebnis, die Single „What The Name Of The Sound“, „auflegen“, die Bässe zunächst rausdrehen, die „Rewind“-Rufe des Publikums auf sich ziehen, um die Platte dann neu und „komplett“ anzuspielen.
Als zweites Sound-System treten die von ihrem jamaikanischen Chef Keithy Damage nach einer Kondommarke benannten Ruff Ryder an. Die imposante Phon-Hardware, sechs 18-Zoll-Speaker, werden im Powerhouse für mehrere Mützen voll Bassdruck sorgen. Zu hören gibt es aber nicht nur sattverstärkte Wattefrequenzen: „Ragamuffin ist inhaltlich schwieriger einzugrenzen als zum Beispiel Hip Hop“, erweitert Nagl mögliche Erwartungshaltungen für den Abend. „Die schwulenfeindlichen Äußerungen und Textzeilen nicht nur von Leuten wie Shaba Ranks kann man natürlich nicht gutheißen. Allerdings sind solche Statements im Ragamuffin anders verankert, als man es als Europäer manchmal unterstellen möchte“, klärt Nagl darüber auf, daß entsprechende Chorusse nicht unmittelbar Pogromstimmung erzeugen oder anheizen. Die visionär lyrische Prosa Tenor Flys verspricht in jedem Fall eine einmalige Verbindung von Schnelligkeit, Witz und Schöpfergeist. Interessierte stellen sich auf ein besonderes Erlebnis im Wendekreis des Off-Beats ein.
Kristof Wohltorf
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