Wissenschaftlicher Dienst des Bundestags: Bedenken gegen Extremismusklausel
Laut einem Gutachten zweifelt auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags am Gesinnungs-Check für Initiativen gegen rechts. Er fördere das Misstrauen.
BERLIN taz | Nach einem renommierten Staatsrechtler zweifelt nun auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags an der Verfassungsmäßigkeit der "Extremismusklausel" von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU). Dies geht aus einem Gutachten hervor, das der taz vorliegt. Bundestagsvize Wolfgang Thierse (SPD) hatte es beim Wissenschaftlichen Dienst in Auftrag gegeben.
Das Familienministerium verlangt von Trägern, die Fördergelder für ihren Einsatz gegen Extremismus bekommen wollen, neuerdings eine Erklärung. Dort müssen diese sich nicht nur zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen, sondern sich auch verpflichten, Projektpartner auf ihre Treue zum Grundgesetz zu überprüfen.
Laut dem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes sei es aber schon "verfassungsrechtlich fragwürdig", ob man Trägern von Projekten gegen Rechtsextremismus überhaupt eine solche Bekenntnispflicht abverlangen könne. Denn anders als bei einem Beamtenverhältnis oder bei Einbürgerungen gehe es bei der Projektförderung nicht um eine "auf Dauer angelegte, sehr enge Rechtsstellung".
Auch an der Verpflichtung zur Überprüfung der Projektpartner werden in dem Gutachten Zweifel geäußert. Die Gesinnung von Dritten lasse sich "kaum hinreichend bestimmen". Dagegen sei nicht auszuschließen, dass in der Projektträger-Landschaft Verunsicherung entstehe. Fazit: "In einem Klima des Misstrauens und der gegenseitigen Gesinnungsüberprüfung dürfte sich das Erleben von demokratischer Teilhabe kaum organisieren lassen."
Nachdem Anti-rechts-Initiativen schon seit Wochen gegen die Extremismusklausel wettern, haben sich am Mittwoch nun auch die Zentralräte der Juden und der Muslime dem Protest angeschlossen. "Statt Engagierte zu unterstützen, stellt man sie unter Generalverdacht", sagte Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime. Der Generalsekretär des Zentralrates der Juden, Stephan Kramer, bezeichnete die Erklärung als "Versuch, Initiativen auf politische Linie zu bringen".
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