Wissenschaftler gegen Stichtagregel: Stammzellenforschung behindert

Die geltende gesetzliche Stichtagsregelung war einigen Wissenschaftlern von Anfang an ein Ärgernis - weil sie der Forschung Steine in den Weg legte.

Forscher schätzen die deutsche Stichtagregelung für Stammzellen nicht. Bild: ap

BERLIN taz | Der Ruf der deutschen Stammzellforscher nach einer Verschiebung oder gar einer Abschaffung des Stichtags ist fast so alt wie das Stammzellgesetz selbst. Der im Jahre 2002 vom Bundestag beschlossene Kompromiss, nachdem nur embryonale Stammzelllinien eingeführt werden dürfen, die vor dem 1. Januar 2002 hergestellt wurden, war für einige Wissenschaftler von Beginn an ein Ärgernis.

Anfangs ging es darum, dass die für deutsche Forscher nutzbaren seinerzeit rund 80 Zelllinien zum Teil nur mit kaum annehmbaren Lizenzverträgen erhältlich waren. So mussten Wissenschaftler, die die heiß begehrten Zellen zum Beispiel von der Forschungsstiftung der Madison Universität im US-Bundesstaat Wisconsin bezogen, sogenannte Material Transfer Agreements unterschreiben, die eine wirtschaftliche Verwertung behindern oder gar unmöglich machen.

Alle Forschungsergebnisse mussten zudem dem Patentinhaber vorgelegt werden. Eine unabhängige Forschung war damit nicht mehr möglich. Und sicherlich werden einige Wissenschaftler auch damals schon an eine eigene Verwertung ihrer Forschungsergebnisse gedacht haben.

Erst später kamen weitere, vor allem wissenschaftliche Argumente hinzu, die die Forderung nach freizügigeren Regelungen unterstützten. Die Zelllinien, die vor 2002 hergestellt wurden, waren mit tierischen Produkten verunreinigt. Auch wenn eine Anwendung am Menschen noch in weiter Ferne liegt, diese Zellen sind für den klinischen Einsatz ungeeignet. Um die Stammzelllinen im Reagenzglas vermehren zu können, hatte man dem Kulturmedium sogenannte Feeder-Zellen von Mäusen zugegeben. Damit besteht die Gefahr, dass sie mit Viren verunreinigt sind. Hinzu kam, dass sich die Stammzellen genetisch veränderten. Je älter sie wurden, umso mehr Mutationen traten auf. Die damit gewonnenen Forschungsergebnisse waren so kaum noch mit anderen Arbeiten vergleichbar.

Inzwischen gibt es Zellen, "die homogen und frei von Kontaminationen sind", stellte die DFG schon vor zwei Jahren fest. Deren Zahl, so wird geschätzt, ist mittlerweile auf 500 angewachsen. Und viele davon sind zudem nicht mit Patenten belegt.

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