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Wirtschaftsforum in DavosAbschied vom freien Welthandel

Großbritanniens Premier Cameron will globale Freihandelsgespräche zu den Akten legen. Deutschlands Pläne einer Finanztransaktionssteuer nennt er "Wahnsinn".

Aufgemerkt! Mr. Cameron hatte in Davos einige wichtige Dinge zu sagen. Bild: reuters

DAVOS taz | Der britische Premier David Cameron hält die seit rund zehn Jahren andauernden Gespräche der Welthandelsorganisation WTO für gescheitert. In seiner Rede vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos plädierte er am Donnerstag dafür, einzelne Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und anderen Staaten, etwa den USA, zu schließen.

Die Ansage Camerons gibt den Befürchtungen neue Nahrung, manche Regierung werde auf Schuldenkrise und Wirtschaftsabschwung mit ökonomischer Abgrenzung reagieren. Die gegenwärtig laufende Runde der WTO-Verhandlungen hat 2001 begonnen, ist aber immer noch nicht abgeschlossen. Es geht um die Verringerung von Importbeschränkungen und Exportförderung. Die Hoffnung ist, dass durch ungehinderten Handel das globale Wachstum zu- und die Armut abnimmt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel erwiderrte in Davos, der mangelnde Fortschritt der WTO-Verhandlungen sei ein Zeichen für zunehmenden Protektionismus. Praktisch ist die EU aber schon seit einiger Zeit dabei, die WTO-Sackgasse zu umgehen, indem man bilaterale Abkommen aushandelt.

Davoser Schmähpreis

Die Kritiker des Weltwirtschaftsforums von Davos verleihen am Freitag ihren Schmähpreis Public Eye Award an das unsozialste und unverantwortlichste Unternehmen der Welt. Auf den Spitzenplätzen der Internetabstimmung standen am Donnerstag das brasilianische Bergbau- und Infrastruktur-Unternehmen Vale und der japanische Atomkonzern Tepco. Vale werfen die Kritiker vor, einen Staudamm im Amazonasgebiet zu bauen und dabei 40.000 Menschen zwangsweise umzusiedeln. Ein weiteres der sechs nominierten Unternehmen ist die Londoner Barclays-Bank, die nach Ansicht der Kritiker mit Agrarrohstoffen spekuliert.

In seiner Rede kritisierte Cameron außerdem Deutschland und Frankreich. Das deutsche Management der Euro-Krise sei "ängstlich und zögerlich". Die von Berlin geforderte neue europaweite Steuer auf Finanztransaktionen bezeichnete er als "Wahnsinn".

Merkel für europäische Regierung

Bundeskanzlerin Angela Merkel versuchte in ihrer Eröffnungsrede am Mittwoch dagegen, positive Stimmung für Europa zu entfachen. Sie entwarf als Vision, dass aus der EU-Kommission auf Dauer eine "richtige Regierung" werden und das EU-Parlament mehr Kontroll- und Gestaltungsmöglichkeiten erhalten solle. Der Rat der Regierungschefs und Fachminister solle dann die Rolle einer zweiten Parlamentskammer übernehmen, ähnlich der Funktion des Bundesrates.

Finanzielle Solidarität sei ebenso notwendig, sagte die Kanzlerin. Allerdings müssten sich die gegenseitigen Verpflichtungen und Hilfen in Grenzen halten. Die Kanzlerin stellte die rhetorische Frage, wie man denn reagieren solle, wenn die Investoren statt der doppelten Summe bald vielleicht die dreifache Größenordnung der Euro-Rettungsmechanismen für notwendig hielten.

Derartige Summen, legte Merkel nahe, könnten dann womöglich auch die Zahlungsfähigkeit Deutschlands überschreiten.

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1 Kommentar

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  • P
    POPPER

    Frau Merkel spricht von Fiskalunion und meint damit ein monetäres Zwangskorsett. Das ist ein unsäglicher Euphemismus, der deutlich macht, dass die Politik hilflos im Nebel herumstochert und mit Scheinlösungen Aktionismus als Beruhigungspille anbietet, die die Menschen längst als wirkungslos erkannt haben.