piwik no script img

Wirtin mit schrulligem Charme

■ Katja Wronski setzte sich gegen den Uni-Präsidenten durch

„Das brauchen Sie doch alles nicht zu schreiben“, Katja Wronski winkt ab. Aus, vorbei der Streit, sie hat sich durchgesetzt. Der Uni-Präsident hatte gewollt, daß sie noch jemanden mit hineinnimmt in ihre Cafeteria, damit Studenten und Anwohner auch abends hier noch eine Gelegenheit zum Verweilen und Biertrinken haben. Wronski: „Ich hab' gesagt, das mache ich nicht. Die Studenten sind doch froh, wenn sie hier vom Gelände weg können. Ich kann das beurteilen“.

Seit 30 Jahren betreibt die Wirtin das Café im Foyer des Pädagogischen Instituts (PI). Ihre Preise sind günstig (Kaffee 80 Pfennig), ihr Warenangebot traditionell (Mett-Brötchen, Mohnschnecken), ihre Laune nicht immer die beste. Aber die angehenden Pädagogen nehmen es mit Gelassenheit, die alte Dame gehört einfach dazu. „Die meisten Professoren kannte ich schon als Studenten“, sagt die Gastronomin. „Keiner ist so lange hier wie ich“.

Katja Wronski ist ein Unikum, eine Persönlichkeit auf dem Campus, die in dem Streit darüber, ob der frühere Stradiwadi-Betreiber abends die Räume mitnutzen darf, schließlich mehr Autorität bewies als Uni-Präsident Jürgen Lüthje. Obwohl die Idee anfangs auf große Zustimmung stieß, gab es schließlich eine Mehrheit dagegen.

„Wer garantiert mir denn, daß meine Ware nicht zu Schaden kommt?“, sagt Wronski. Ihre Bedenken gegen die Umnutzung der im kargen 60er-Jahre-Stil eingerichteten Cafeteria sind vor allem praktischer Art: „Wo sollen denn bitte die Leute mit ihren Mänteln hin?“ - wo doch die Uni-Verwaltung die Kolleginnen aus der Garderobe schon vor Jahren entlassen hat. Früher, so erzählen Studenten, wurden Cafeteria-Gäste im Mantel von Katja Wronski wieder rausgeschickt, damit die Garderoben-Frauen nicht unbeschäftigt blieben.

Auch sonst hält die Wirtin, die ihr Alter nicht preisgeben möchte, nicht viel vom „Jungspund“ Lüthje: „Der meint, er muß hier alles verändern.“ Auch die jüngst von Vize-Präsidentin Barbara Vogel geäußerte Idee, das Gestrüpp vor den Cafeteria-Fenstern wegzuschneiden und dort eine Terrasse anzulegen, gefällt ihr nicht: „Das erlaubt die Behörde nie“.

Keine Kraft mehr für große Veränderungen. Sie werde die Cafeteria solange weiterführen, wie sie kann, sagt die Pächterin. Das bedeute, jeden morgen zwischen sechs und halb sieben aufstehen, die Ware der Lieferanten annehmen, Brötchen schmieren (“Wenn das meine Aushilfe machen, müßte ein Brötchen drei Mark kosten.“), dann hinterm Tresen stehen, bis 17 Uhr. Kaffee ausschenken, bis zu 900 Tassen am Tag. Ihre letzte Aushilfe ist gerade nach Australien ausgewandert, heute soll sich eine neue vorstellen. Das Interview ist beendet, das Mädchen ist gekommen. „Hast Du Lust?“, fragt Katja Wronski sie, und führt ihr den typischen Handgriff zum Benutzen der Kaffeemaschine vor.

Jürgen Lüthje nimmt seine Niederlage gelassen. Er habe lernen müssen, daß Veränderungen viel, viel länger dauern als er dachte. Die Idee, auch mittels einer Kneipe mit Kabarett-Programm den Campus zu beleben, hat ihm die Dame Wronski nicht ausreden können. Als Alternative ist jetzt das Foyer des Audimax im Gespräch. kaj

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen