Windkraft: Offshore tut sich schwer mit dem Ablegen

Windparks auf See sind ein wichtiger Baustein der angestrebten Energiewende. Ihr Aufbau kommt allerdings langsamer voran als das geplant war. Die Gründe dafür sind technische Probleme, das Finanzierungsrisiko und die Netzeinbindung.

Läuft bald wie geschmiert: Arbeiter fettet das Flügelgetriebe eines Windrads bei Repower in Husum. Bild: Gernot Knödler

Der Aufbau deutscher Windparks auf hoher See (offshore) kommt langsamer voran als erwartet. Das liegt daran, dass es sich dabei um eine technische Pionierleistung mit den entsprechenden Unwägbarkeiten handelt. Die Banken suchen sich lieber risikoärmere Projekte zur Finanzierung. Und die Stromversorger wollen keine Leitungen ins Nichts bauen.

Die Offshore-Windenergie ist Teil des großen Vorhabens, Deutschland von fossilen und atomaren Brennstoffen unabhängig zu machen. Lediglich zwei Windparks sind bis dato über die Planungs- und Genehmigungsphase hinaus gelangt: die Windparks Alpha Ventus ("Borkum West") und "Bard Offshore 1". Alpha Ventus ist ein Testfeld der Offshore-Stiftung der deutschen Wirtschaft. 45 Kilometer vor Borkum sollen ab diesem Frühjahr zwölf große Windkraftanlagen zu Testzwecken aufgestellt werden.

Im Windpark Bard Offshore 1 rund 90 Kilometer nördlich von Borkum sollen 80 Windräder mit einer Leistung von jeweils fünf Megawatt aufgestellt werden. Seit Oktober betreibt die Firma Bard ein Versuchswindrad mit fünf Megawatt in Ufernähe in Hooksiel bei Wilhelmshaven. In diesem Jahr sollen die ersten Anlagen draußen auf dem Meer ans Netz gehen. Damit wäre Bard Offshore 1 der erste kommerzielle Windpark in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) auf See. Beide Windparks sind genehmigt, einschließlich einer "Steckdose im Meer", die E.on setzen wird. Bei Alpha Ventus werde die Anbindung an das Stromnetz an Land "noch im ersten Halbjahr dieses Jahres fertig gestellt", sagt Joëlle Bouillon von E.on. Der Bard-Windpark werde auch noch dieses Jahr angeschlossen.

Wie es aussieht, dürfte es dabei vorerst bleiben. Der Bürgerwindpark Butendiek, der als erster kommerzieller Windpark bereits 2002 genehmigt wurde, rechnet nicht mit einem Baubeginn vor 2011. Selbst das sei "eventuell wieder zu ambitioniert", sagt Butendiek-Geschäftsführer Wolfgang Paulsen. Der Bürgerwindpark, der im Herbst den irischen Investor Airtricity ins Boot holte, habe sich noch keine Turbinen auf dem Markt sichern können - zu groß ist die Nachfrage für Anlagen an Land.

Dass der Windpark Butendiek sieben Jahre nach seiner Genehmigung noch immer nicht steht, erklärt Paulsen abgesehen von solchen jüngeren Entwicklungen damit, dass ein Projekt 34 Kilometer vor Sylt in 20 Metern Wassertiefe schwieriger zu bewältigen sei als erwartet. Es fehle an Erfahrungen mit solchen Extrembedingungen. Das nötige technische Gerät zu beschaffen, sei teuer. Die Füße der Bard-Anlagen werden zum Beispiel 44 Meter tief in den Nordseeboden gerammt. Die Masten der Windräder sind 90 Meter hoch. Um so etwas auf See aufzubauen, ist Spezialgerät notwendig.

Dazu kommt die Frage, wie sich die Windräder selbst in der Nordsee-Umgebung halten: Wie halten sie dem aggressiven Salzwasser in der Luft stand? Wie 20 Meter hohen Wellen? Wie lässt sich verhindern, dass der Fuß eines Windrades frei gespült wird. "Hinter Offshore stehen riesige Themen", sagt der schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Werner Marnette (CDU). Dazu gehören auch Finanzierung und Netzanbindung.

E.on muss die Windparks in der Nordsee anschließen, Vattenfall die Kraftwerke in der Ostsee. Weitere Netzanbindungen seien in Planung, sagt Bouillon. Es gebe "konstant Gespräche mit den Windparkbetreibern". E.on werde mit der Investitionsplanung aber erst beginnen, wenn alle Genehmigungen für einen Windpark erteilt, alle Auflagen erfüllt seien und die Finanzierung stehe. Immerhin hätten die beiden Anschlüsse für Alpha Ventus und Bard, an die sich noch weitere Windparks hängen werden, 400 Millionen Euro gekostet. Paulsen von Butendiek beklagt die langen Planungsvorlaufzeiten für die Kabeltrassen, räumt aber ein, dass es sich genehmigungstechnisch um Neuland handele. Wird die Windkraft im großen Stil ausgebaut, muss das Netz an Land so umgebaut werden, dass es den Windstrom aufnehmen kann.

Die Finanzierung der Windparks schließlich leidet unter der Finanzkrise. Sie schlage durch auf Finanzierungen in allen Bereichen - auch bei den Erneuerbaren Energien, sagt Thies Harder-Heun von der Deutschen Kreditbank. "Wir haben Onshore genug zu tun", sagt Harder-Heun. Windkraft an Land sei ein sicheres Geschäft, während es auf See noch keine Erfahrung zu den tatsächlichen Kosten und technischen Risiken gebe.

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