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Wieso protest-camp in hannover gesellschaft bekommTBürgerwehr will erobern

Foto: Jungsfoto: dpa

Rückerobern“ und „niemals zurückweichen“: Das sind die militanten Parolen derjenigen, die sich gegen die vermeintliche Islamisierung des Abendlands und die „Masseneinwanderung ins „Vaterland“ wehren wollen. Und das sind die Parolen der Mitglieder der Bürgerwehr Hannover, die am kommenden Samstag den Weißekreuzplatz „zurückerobern“ wollen. „Der Weißekreuzplatz gehört nämlich uns!!“, schreibt Carsten Schulz, der Gründer der Bürgerwehr.

Um 14 Uhr wollen sie anrücken und gegen das im Mai 2014 von Geflüchteten eingerichtete Protest-Camp auf dem innerstädtischen Weißekreuzplatz demonstrieren. Denn die Besetzung sei „rechtswidrig“, begründet Schulz auf der Facebook-Seite der Bürgerinitiative die geplante Aktion. Dort beklagt er weiter, dass „die Polizei und die Politik in Hannover nichts dagegen tun“. Im Gegenteil: Die Polizei habe gar erklärt, dass die „abgelehnten sudanesischen Asylbewerber“ sich legal auf dem Weißekreuzplatz aufhielten, da die Besetzung als eine „permanente Demonstration“ gewertet werde.

Andreas Speit

arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland

Die Mitglieder der Bürgerwehr wollen auf der verbliebenen Fläche des Weißekreuzplatzes, der nur wenige 100 Meter vom Hauptbahnhof entfernt ist, eigene Zelte aufbauen und ihrerseits eine „permanente Gegen-Demonstration organisieren“. Das müsse ja auch erlaubt sein, schreibt Schulz.

Schulz war in den 80er-Jahren Mitglied bei den Grünen, in den Nullerjahren ging er zu den Piraten. Als er sich 2012 für die Entkriminalisierung von Holocaustleugnern stark machte, war er bei den Piraten allerdings fortan unerwünscht. Bei SPD und AfD wollte er eintreten, die lehnten ihn ab. Bis heute versteht Schulz sich als „Bürgerrechtler und ewiger Wahrheitssuchender“, als jemand, der „im allgemeinen vom politischen Establishment als Querulant oder Verrückt bezeichnet“ werde, wie er auf seinem Blog schreibt. Nachdem es zum Jahreswechsel in Köln und Hamburg zu sexuellen Übergriffen auf Frauen gekommen war – teils durch Männer mit Fluchthintergrund – machte er sich gleich daran, eine Bürgerwehr ins Leben zu rufen.

„Der Weißekreuzplatz gehört uns“

Carsten Schulz, Bürgerwehr Hannover

Unterstützer der Geflüchteten haben für Samstag unter dem Motto „Rassismus ist keine Meinung – Solidarität mit dem Refugee Camp Hannover“ gleich zwei Demonstrationen auf dem Weißekreuzplatz angemeldet. Daraufhin wies die Polizei Schulz an, die Aktion der Bürgerwehr auf den nahe gelegenen Andreas-Hermes-Platz zu verlegen. „Das wird natürlich niemals passieren“, schreibt Schulz und ruft auf, „in Scharen zum Weißekreuzplatz“ zu kommen.

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