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Wieder im KinoKleine Hits im Film

Kirsten Hartungs „Zoe“ bewegt sich lakonisch zwischen Komik und Anarchie. Der Kindefilm „Lauras Stern“ will ganz bewusst nicht zu sehr aufregen.

„Lauras Stern“ (D 2004), Regie: Piet De Rycker / Thilo Rothkirch Foto: Warner

D ie Protagonistin von Maren-Kea Freeses DFFB-Abschlussfilm „Zoe“ (1999) ist eine junge Frau, die mit ihren in ein paar Plastiktüten verstauten Habseligkeiten durch Berlin zieht. Man könnte an einen Sozialfall denken, aber Zoes Leben ist viel eher von selbstbestimmter Unabhängigkeit geprägt. Sie übernachtet bei Bekannten und besitzt ein paar Schallplatten, die sie gelegentlich in einem Club auflegt.

Doch Erfolg sieht wirklich anders aus: Die Bekannten schmeißen sie immer wieder hinaus, und im Club verlassen garantiert die allerletzten Leute die Tanzfläche, wenn sie auftaucht. Und doch geht es in Zoes Leben nach all den Pleiten immer irgendwie weiter.

Hauptdarstellerin Kirsten Hartung gelingt in ihrer Darstellung, was den ausgesprochen lakonisch inszenierten Film ganz generell auszeichnet: eine faszinierende Gratwanderung, immer haarscharf an der Grenze – irgendwo zwischen Komik und Anarchie. Regisseurin Maren-Kea Freese hat mit der Tragikomödie „Wilma will mehr“ aktuell einen kleinen Hit in den Kinos und ist zur Vorführung von „Zoe“ im Rahmen der Reihe „KineKiez“ (in Zusammenarbeit mit der Deutschen Kinemathek) im Neuköllner Wolf Kino zum Gespräch anwesend (21. 9., 16.30 Uhr, Wolf Kino).

Ende der Nullerjahre dieses Jahrhunderts saß ich einmal zufällig mit dem deutschen Animationsfilmer Thilo Graf Rothkirch bei einem Bier zusammen und unterhielt mich mit ihm über seinen Kinderfilm „Lauras Stern“ (2004). Dabei bestätigte Rothkirch, dass der Film eine direkte Reaktion auf einen Fehler war, den er und sein Co-Regisseur Piet De Rycker beim Vorgängerprojekt „Der kleine Eisbär“ begangen hatten. Dort waren ihnen die Erlebnisse des kleinen Bären derart aufregend geraten, dass sich das Vorschulpublikum emotional überfordert fühlte.

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Die Cinestar-Gruppe hat „Lauras Stern“ jetzt in einer Veranstaltung namens „Mein erster Kinobesuch“ im Programm, und tatsächlich könnte man für ebendiesen keinen besseren Film auswählen. Denn bei „Lauras Stern“ verzichteten die Filmemacher konsequent auf alle Bedrohungsszenarien, die kleinere Kinder ängstigen könnten.

Stattdessen leitet der Film die Erlebnisse von Laura und ihren Spielgefährten ganz aus deren Lebensumständen her, ohne dabei die Spannung zu vernachlässigen. Nur, dass diese dann eben in der Frage besteht, ob es Laura wohl gelingen wird, der Mutter den zu Hause vergessenen Cellobogen noch rechtzeitig ins Theater zu bringen (div. Kinos und Termine am 20. 9. und 21. 9.).

Rock ’n’ Roll Star Chuck Berry tritt mit seinem Hit „Sweet Little Sixteen“ live auf, und dann spielt jemand – ein Klarinettensolo?! Wie bitte? Tatsächlich so geschehen beim Newport Jazzfestival 1958 und filmisch dokumentiert von Bert Stern und Aram Avakian in ihrem Konzertfilm „Jazz an einem Sommerabend“ (1959). Auch ansonsten geht es musikalisch queerbeet: von New Orleans Jazz bis Hard-Bop und Cool Jazz (21. 9., 20.30 Uhr, Bundesplatz-Kino).

Trachten, ein Kindermädchen und viele singende Kinder: Dies waren die Zutaten für den kommerziell erfolgreichsten Film der mittleren 1960er Jahre. Das Musical „The Sound of Music“ (1965) erzählt recht frei die Geschichte der Trapp-Familie und prägt dank seiner enormen Popularität das Bild Österreichs in den USA bis heute. In Salzburg kann man sogar Touren an die Schauplätze des Films buchen.

Der ist im Übrigen nicht bloß kitschig: Nach zwei Dritteln gerät er geradezu zum Thriller, wenn die Familie einerseits einen Auftritt zu bewältigen hat und andererseits bereits die Flucht aus Nazi-Österreich nach dem sogenannten „Anschluss“ plant (div. Uhrzeiten am 20. 9. und 23. 9. in den Kinos Delphi Lux, Zoo Palast, Filmtheater am Friedrichshain, Passage, Kino in der Kulturbrauerei).

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Lars Penning
Lars Penning, geboren 1962. Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin. Freier Filmjournalist. Buchveröffentlichungen: Cameron Diaz (2001) und Julia Roberts (2003). Zahlreiche filmhistorische und –analytische Beiträge für verschiedene Publikationen. Lebt in Berlin.
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