: Wie sicher ist's am Rothenbaum?
■ Seit heute beschäftigt sich das Hamburger Landgericht mit den Schadensersatzforderungen von Attentatsopfer Monika Seles
Zum dritten Mal beschäftigt sich von heute an ein Hamburger Gericht mit dem Attentat auf die Tennisspielerin Monika Seles am Rothenbaum 1993. Die Zivilkammer des Landgerichts soll entscheiden, ob der Veranstalter des Turniers 24,4 Millionen Mark Schadensersatz und Schmerzensgeld an Seles zahlen muß. Vor dreieinhalb Jahren, am 30. April 1993, wurde die Spielerin bei dem Turnier von einem Attentäter niedergestochen.
Die Entscheidung des Landgerichtes könnte richtungsweisend sein für Sportveranstaltungen in Deutschland. Es geht um die Frage, wie weit die Sicherheitsvorkehrungen bei Wettkämpfen gehen müssen. Während Monica Seles und ihr Kölner Anwalt Wilhelm Danelzik die Sicherheitsmaßnahmen am Rothenbaum für nicht ausreichend halten, meint der Veranstalter, die „DTB Rothenbaum Turnier GmbH“, das zum Zeitpunkt des Anschlags Übliche getan zu haben. „Wir halten die Sicherheitsvorkehrungen für ausreichend“, erklärt auch Jürgen Görling von der Albingia Versicherung. Seine Gesellschaft hatte das Turnier auf Schäden bis zu 50 Millionen Mark versichert und muß zahlen, wenn Seles den Prozeß gewinnt.
Der Geschäftsführer des Deutschen Tennis Bundes (DTB), Günter Sanders, ist sich ebenfalls „keiner Schuld bewußt“. Ein Attentat sei nicht vorherzusehen gewesen, deshalb hätte es keine speziellen Vorkehrungen geben können. Eine Argumentation, die vom Deutschen Anwaltverein (DAV) geteilt wird: Um den Prozeß zu gewinnen, müsse Seles beweisen, daß der DTB mit einem Vorfall wie dem am Rothenbaum hätte rechnen müssen, sagte DAV-Präsident Felex Busse. „Mir ist nicht bekannt, daß es vergleichbare Vorfälle auch nur von geringeren Gefährdungen gegeben hat.“
Seles-Anwalt Danelzik fordert Schmerzensgeld in Höhe von 75.000 Mark. Außerdem habe die Zwangspause nach dem Attentat die Tennisspielerin um Millionen gebracht. Gemeint sind Beträge, „die Monica verloren hat, weil sie die Verträge mit den Ausrüstern und bereits abschlußreif verhandelte Werbeverträge nicht erfüllen konnte, und weil ihr erhebliche Preisgelder entgangen sind“.
Mit dem Attentat haben sich schon das Hamburger Amts- und das Landgericht beschäftigt. Das Amtsgericht verurteilte den Attentäter im Oktober 1993 wegen gefährlicher Körperverletzung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung. Das Landgericht bestätigte dieses Urteil in einem Revisionsverfahren. lno/taz
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