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■ Wie sich der „Spiegel“ dem Thema „Ausländer“ nähertPanik vorm Fremdsein

Deutsche und gefährliche Fremde, das sind laut Spiegel kaum vereinbare Gegensätze. Gewalttätige Jugendliche und fundamentalistische Koranschülerinnen, so zeigt das aktuelle Spiegel-Cover die Ausländer. Diese Angst wird in der Titelstory verstärkt durch Berichte über Straftaten, Schutzgelderpressung etc. – alles von Ausländern.

Gefährlich fremd, was heißt das eigentlich? Fremdsein, wo heutzutage doch Multikultur und Vermischung angesagt sind. Türken, Russen, Griechen, Italiener – alles Fremde in einem Land, wo immer wieder Willkommensein proklamiert wird. Gefährliche Fremde denen gegenüber, die andere Ansichten, Traditionen und Meinungen vertreten. Haben wir Deutsche Angst gegenüber etwas Fremdem, gegenüber anderen?

Fragt sich: Wie nahe oder fern sind sich Deutsche und Ausländer wirklich, jenseits der Schlagzeilen? Nennen wir das Beispiel Jugendarbeit. Deutsche Jugendsozialdienste laden ein zum Tanzvergnügen, nein, nicht, wie jetzt alle denken, zum internationalen Treff und Austausch zwischen Jugendlichen aller Nationen. Sondern nur Russen unter sich, abgegrenzt vom Rest. Polizeiaufgebot, Überwachung und Schlägerein werden wohl kaum ausbleiben.

Und die Fremden? Träume, Illusionen und Wunscherfüllung, mit solchen gemischten Gefühlen kommen sie nach Deutschland. Doch all das wird wohl nach wenigen Wochen verschwunden sein, wenn Ämtergänge und die Sprachschwierigkeiten auftauchen. Resignation bestimmt dann das Bild. Zukunft, die trist und grau aussieht, für einen 13jährigen Türken. So stellt man sich die Frage: Leben wir nicht schon in einer „gespaltenen Gesellschaft“? Miteinander leben, darum müßte es gehen. Letztendlich werden wohl die gefährlichen Fremden fremd bleiben, wenn wir uns nicht nähern.

Das Fremde kann doch auch positiv aufgefaßt werden. Zieht einen jeden nicht die Fremde an, will ein jeder nicht das Fremde näher kennenlernen? Deshalb ist vollständige Integration mehr als nur nicht durchführbar, sondern auch gar nicht wünschenswert. Es wird immer Bereiche geben, wo Fremdsein an der Tagesordnung sein wird. Fremdsein sollte bewahrt bleiben, ohne dieses würde der Reiz des Kennenlernens verlorengehen. Katja Hartmann

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