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Wie schlau ist Berlin?Sei smart, City!

Berlins Weg zur digitalisierten „Smart City“ wirft Fragen auf – für Bürger*innen ebenso wie für die Politik: etwa, wem die gesammelten Daten gehören.

Laterne lädt E-Auto auf dem EUREF-Campus in Berlin-Schöneberg Foto: Wolfgang Borrs

Da spielen wir jetzt ein wenig Zukunftsmusik.“ Rene Wetzel steht neben einer Straßenlaterne auf dem Euref-Campus in Berlin-Schöneberg. Eigentlich wäre der Senior Manager heute im Homeoffice, aber für den Pressebesuch komme er gern auf den Campus, um das Start-up, für das er arbeitet, vorzustellen. „Mit Smart Charging lässt sich der Anteil erneuerbarer Energien deutlich erhöhen“, fährt der lässig gekleidete Wetzel hörbar begeistert fort.

Die Laterne, neben der Wetzel steht, ist der eigentliche Mittelpunkt der Präsentation: Etwa auf Hüfthöhe ragt aus dem Mast ein Ladekabel hervor, dessen anderes Ende in einem Elektroauto steckt. Ubitricity, so heißt das Start-up, für das Wetzel arbeitet, und baut Straßenlaternen zu Ladestationen für Elektro-Autos um.

Wetzel und seine Mitstreiter*innen wollen nicht nur E-Mobilität attraktiver machen, indem sie mit minimalem Aufwand flächendeckend Ladestationen verfügbar machen. Sie wollen auch dazu beitragen, die Idee einer „grünen“ Stadt zu verwirklichen, die ausschließlich mit erneuerbaren Energien betrieben wird.

Das Problem bei Solar- und Windenergie sei vor allem die Unregelmäßigkeit bei deren Erzeugung, erklärt Wetzel: Wie viel Strom gerade zur Verfügung steht, hängt eben davon ab, ob der Wind weht oder die Sonne scheint. Viele Elektroautos, die den längsten Teil des Tages geparkt herumstehen, könnten durch intelligentes Laden diese Unregelmäßigkeiten ausgleichen und so die Netzspannung konstant halten – smarte Technologie.

Schlaue Stadt

Der Begriff „Smart City“ hat keine klare Definition (siehe Interview rechts). Oft sind technische Lösungen für urbane Probleme gemeint. Mit Digitalisierung und Vernetzung soll die Effizienz der Energieversorgung, des Verkehrs oder der Verwaltung erhöht werden. Die nötige Vorraussetzung für viele Smart-City-Produkte sind allgegenwärtige Sensoren, die permanent Daten sammeln und übermitteln, die von künstlicher Intelligenz ausgewertet werden, die dann die Prozesse in Echtzeit steuert. So können etwa Staus verhindert werden, indem der Verkehr umgeleitet wird.

Strategien für Berlin Am Dienstag bekam Berlin den Zuschlag des Bundesförderprogramms „Modellprojekt Smart City“. Das 17,5 Millionen Euro schwere Fördervolumen soll unter anderem dafür genutzt werden, eine neue Strategie zu erstellen und fünf Modellprojekte auf den Weg zu bringen. Parallel dazu wird unter Anleitung der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe ressortübergreifend eine weitere „Digitalisierungsstrategie“ erstellt, die Handlungsorientierung für sämtliche Bereiche der Digitalisierung geben soll. Eigentlich sollte die Strategie bereits vorliegen, hat sich aber aufgrund „komplexer und senatsübergreifender Fragestellungen und Corona“ verzögert, so der zuständige Staatssekretär Christian Rickerts. (taz)

„Das Stromnetz kommuniziert mit dem Auto“, erklärt Wetzel und macht damit deutlich, was er mit „Zukunftsmusik“ meint. Ein Algorithmus bestimme anhand des Ladestands, des Strompreises und des zu erwartenden Nutzungsverhaltens, ob und wie viel Strom das Auto lädt. „Es wäre sogar denkbar, dass die Autos Strom wieder zurück ins Netz einspeisen“, erklärt Wetzel: wenn zum Beispiel gerade Flaute ist und weniger Strom erzeugt wird als benötigt. Das smarte Auto wisse dann anhand gesammelter Daten von selbst, wann eine*e Nutzer*in wieder fahren will und wie viel Batterieleistung dafür benötigt werde, erläutert Wetzel die Vision des Start-ups.

Zukunftsmusik wird auf dem Euref-Campus nicht nur bei Ubitricity gespielt. Das „Europäische Energieforum“, so der volle Name, ist einer von elf ausgewiesenen „Zukunftsorten“ Berlins. Auf dem 5,5 Hektar großen Areal rund um das ikonische Gasomete-Gebäude arbeiten und forschen 150 Unternehmen mit rund 3.500 Mitarbeitenden an ihrer Version der „Stadt von Morgen“.

Der Campus selbst ist dabei eine Art Testlabor für Smart-City-Technologien: Bis vor Kurzem fuhren hier noch autonom fahrende Busse und Autos, die sich selbstständig auf induktiven Ladestationen kabellos geladen haben. Die Testphase ist mittlerweile erfolgreich abgeschlossen. An den aufgeräumten Fassaden der modernen Bürogebäude, die rund um das Gasometer Platz für Start-ups und etablierte Großunternehmen bieten, hängen durchsichtige Röhren mit grünlich schimmerndem Wasser, in denen essbare Algen gezüchtet werden. Auf den Dächern produzieren Photovoltaikanlagen Strom für die vielen elektrischen Autos auf dem Gelände.

Im Idealfall sind die erprobten Technologien dann bereit für den Einsatz auf größerem Feld: „Wir freuen uns, wenn etwas im Stadtgebiet Anwendung findet“, sagt Euref-Vorstand Karin Teichmann während einer Präsentationstour über den Campus.

Die verheißungsvolle Smart City, sie wird hier ein wenig greifbar. Der Trendbegriff hat zwar etwas an Strahlkraft verloren, geistert aber immer noch durch Berlins Stadtpolitik, Zivilgesellschaft und nicht zuletzt aufstrebende Digitalwirtschaft. Ursprünglich vom IT-Riesen IBM als Marketingbegriff entwickelt, kann Smart City fast alles sein, was sich in der Schnittmenge zwischen städtischem Raum und Digitalisierung befindet.

Der Markt für Smart-City-Produkte wie Echtzeit-Verkehrsregulation oder intelligente Müllentsorgung boomt. So sagt der Verband für Internetwirtschaft Eco in einer Studie für das Jahr 2022 einen Umsatz von 43 Milliarden Euro voraus bei einem jährlichen Wachstum von über 16 Prozent – und das allein in Deutschland. Das Marktforschungsunternehmen Frost & Sullivan prognostiziert ein Anstieg des Umsatzvolumens des globalen Marktes auf 2 Billionen US-Dollar bis 2025.

Ein lukratives Geschäft, auch für den komplett privaten Euref-Campus. „Wir haben nie Fördergelder bekommen“ erklärt Managerin Teichmann stolz, „das Ganze ist auch profitabel, obwohl die entwickelten Lösungen bezahlbar sind.“

Angesichts solcher Gewinnaussichten ist es nicht verwunderlich, dass die Privatwirtschaft bislang als eine der größten Treiberinnen der Digitalisierung in Städten auftritt. Smart City wurde vom Marketingbegriff zur eigenständigen Erzählung, die immer wieder in Hochglanzbroschüren und auf Smart-City-Konferenzen erzählt wird. Ausgangspunkt dieser Erzählung ist der Trend, dass weltweit immer mehr Menschen in Städte ziehen. Das rasante Wachstum bringt Probleme mit sich, die nur mittels Effizienzsteigerung durch digitale und smarte Technologien gelöst werden können. Gleichzeitig bedeutet die Verlagerung in die Städte, dass die wichtigsten Fragen der Menschheit dort entschieden werden.

Im Jahr 2050 würden voraussichtlich noch 2,5 Milliarden mehr Menschen in Städten leben, prophezeite Siemensvorstand Cedrik Neike Anfang September bei der Wirtschaftskonferenz Urban-Tech-Summit in Spandau. „Was heißt das für Energie, für Verkehr und für den CO2-Ausstoß? Das ist eine der größten Fragen, die wir uns heute stellen müssen“, so Neike.

Und praktischerweise brachte Siemens die richtigen Antworten auf diese Fragen gleich mit. Realisieren will der Großkonzern sie in dem geplanten smarten Stadtquartier Siemensstadt 2.0: hocheffiziente, mit Sensoren ausgestattete Gebäude, neue Verkehrskonzepte, digitalisierte Industrie.

Der Berliner Forscher und Publizist Evgeny Morozov, der sich mit dem Digitalkapitalismus auseinandersetzt, hält das Smart-City-Narrativ für eine Wiederkehr altbekannter naiver Technikgläubigkeit. „Lässt man alle Politik beiseite […], zelebrieren diese Erzählungen den unaufhaltbaren Siegeszug des Fortschritts und der Innovation, massiv beschleunigt durch die Genialität und den Erfindungsgeist des privaten Sektors“, so Morozov in der Studie „Rethinking Smart Cities“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Dass dies schon bei etlichen utopischen Visionen der Vergangenheit nicht geklappt hat, bleibe in den Smart-City-Broschüren aber unerwähnt.

Die Rolle der Stadtverwaltungen in dieser zutiefst neoliberalen Smart-City-Erzählung ist es vor allem, für gute Bedingungen für die Unternehmen zu sorgen

Die Rolle der Stadtverwaltungen in dieser zutiefst neoliberalen Smart-City-Erzählung ist es vor allem, für gute Bedingungen für die Unternehmen zu sorgen – den Rest erledigt der Entrepreneurgeist sozusagen von alleine.

Dementsprechend liest sich Berlins erste Smart-City-Strategie, die vor fünf Jahren vom damals noch schwarz-roten Senat entwickelt wurde, vor allem als Versuch, Berlin für die Digitalbranche attraktiver zu machen: Ein Smart-City-Konzept biete zusätzliche Impulse, „sich im internationalen Wettbewerb angesichts von Urbanisierung, Globalisierung und Digitalisierung zu profilieren“, heißt es dort, „zugleich erschließt sich hier ein potenzieller Markt für spezifische Lösungen und Technologien.“

„Die Strategie ist Schrott“, kritisiert Katalin Gennburg, die Sprecherin für Smart City der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, scharf. „Smart City wird dabei vor allem als Wirtschaftsförderung gedacht.“ Dabei folge die Strategie dem Prinzip der „unternehmerischen Stadt“, das die Städte in einem Wettkampf um die Ansiedlung von Tech-Kapital sehe.

Dass Berlin mit seinem alternativen Flair schon vor den Bemühungen des Senats attraktiv für Start-ups war, beweist der lange vor dem Smart-City-Hype gegründete Euref-Campus.

„Die Ansiedlung von Start-ups ist unser Erfolgsmodell“, erklärt Euref-Vorstand Teichmann bei einem Kaffee in einem der Restaurants auf dem Gelände. „Es gibt hier viele Orte für Begegnungen und informellen Austausch.“ Damit Start-ups gedeihen können, brauchen sie die richtige Umgebung, ein so genanntes „Ökosystem“ aus etablierten Großunternehmen, Forschungsinstitutionen, anderen Start-ups und Wagniskapital – und eine lebenswerte Umgebung, die junge, gut ausgebildete Fachkräfte anzieht. In den „Zukunftsorten“, die bisher einen großen Teil von Berlins Smart-City-Bemühungen ausgemacht haben, sollen all diese Faktoren ermöglicht werden.

So soll, vermutlich mit Euref als Blaupause, auf dem stillgelegten Flughafen Tegel die „Urban Tech Republic“ entstehen: ein Smart-City-Campus, der Forschung, Arbeiten und Wohnen kombiniert. In Spandau will Siemens, vom Senat mit Millionenanreizen hofiert, seinen alten Produktionsstandort Siemensstadt zum Smart-City-Campus ausbauen. Gerade private Großprojekte wie Siemensstadt 2.0 sieht Gennburg kritisch: „Tech-Konzerne wollen sich dabei vor allem öffentlichen Raum aneignen und kapitalisieren.“

Dass Tech-Unternehmen nicht nur als Heilsbringer für die Probleme wachsender Städte gesehen werden, zeigen die Proteste gegen den dann gescheiterten Google-Campus in Kreuzberg vor zwei Jahren und gegen den geplanten „Amazon-Tower“ in Friedrichshain. Aktivist*innen fürchten, das die gut bezahlten Tech-Jobs auch die Mieten weiter in die Höhe treiben werden. Angestammte Bewohner*innen und Geschäfte würden aus den Kiezen verdrängt.

Doch nicht nur die Angst vor Gentrifizierung bringt Gegner*innen auf die Barrikaden, sondern auch das unternehmerische Verständnis von „Smartness“, das der Vision zugrunde liegt. „Das ist eine Digitalisierung von oben, die eine reine Konsumorientierung hat“, kritisiert Gennburg. In erster Linie ginge es dabei um Technologieverkauf, die versprochene Effizienzsteigerung und der Nachhaltigkeitsgewinn würden dabei selten erreicht.

EUREF-Gasometer in Schöneberg Foto: Wolfang Borrs

Generell müsse man sich die Frage stellen, ob Digitalisierung überall notwendig sei: „Es macht keinen Sinn, die ganze Stadt mit technischen Artefakten vollzuknallen“, so Gennburg. Selbstfahrende elektrische Autos seien zwar schwer im Trend, würden aber kaum Verkehrsprobleme lösen. Der Nachhaltigkeitsgewinn sei bei solchen Lösungen oft nur minimal, besonders wenn man den hohen Ressourcenverbrauch durch Sensoren, Serverkapazitäten, Akkus und IT-Technik mit einbeziehe.

„Die Frage ist, wessen Bedürfnisse hier befriedigt werden und wer diese Bedürfnisse ermittelt“, sagt auch Elizabeth Calderón Lüning, die am Berliner „Weizenbaum Institut für die vernetzte Gesellschaft“ zum Thema Digitale Souveränität und Ungleichheit forscht. „Wenn das Problem Verkehrswende heißt, lautet die Antwort eher Fahrradweg- und ÖPNV-Ausbau, nicht E-Scooter oder selbstfahrende Autos“, so Calderón Lüning.

Die Allgegenwärtigkeit Daten sammelnder Sensoren im öffentlichen Raum wird auch aus datenschutzrechtlichen Gründen zum Problem. „Die Gefahr des Missbrauchs und der Zweckentfremdung von Daten gibt es immer, vor allem wenn private Unternehmen involviert sind, weil hier Transparenz und Rechenschaft schwerer zu fordern sind“, befürchtet Calderón Lüning.

Im digitalen Kapitalismus sind Daten nicht nur Mittel, um den Kunden Services bereitzustellen, sondern auch eine unverzichtbare Ressource, die – zum Beispiel in Form von personalisierter Werbung – in Profit umgewandelt werden kann. Gleichzeitig sind Daten die Basis für selbstlernende Algorithmen und künstliche Intelligenz, welche die Grundlage vieler Smart-City-Lösungen bilden. Wer den Zugang zu den meisten Daten hat, hat den größten Vorsprung gegenüber seinen Konkurrenten.

Plattformen wie Airbnb und Uber oder auch E-Scooter-Anbieter sammelten bereits Unmengen an Daten über ihre Nutzer*innen, so Calderón Lüning. Was sie dann damit machten, sei unklar. Die europäische Datenschutzverordnung DSGVO reiche nicht aus, um vor Missbrauch zu schützen, und schiebe die Verantwortung oft auf das Individuum.

Die Aufgabe der Politik

Auch Ubicitricitys Smart-Charging-Konzept würde darauf hinauslaufen, dass Laternen, Autos und auch die Smartphones der Nutzer*innen permanent Daten sammeln und auswerten, um möglichst genau die Entwicklungen des Strompreises und das Nutzungsverhalten der Kund*innen vorherzusagen. Die Digitalisierung des städtischen Raums in geregelte Bahnen zu lenken sei daher Aufgabe der Politik, fordert Calderón Lüning: „Berlin muss Gestalter von Digitalisierung werden.“

Auch im Berliner Senat setzt sich mittlerweile die Überzeugung durch, sich in Sachen Digitalisierung nicht nur auf die Privatwirtschaft zu verlassen. „Die alte Smart-City-Strategie ist mehr als überarbeitungsbedürftig“, sagt Frank Nägele, Staatssekretär für Verwaltungs- und Infrastrukturmodernisierung in der Senatskanzlei. Vor allem würde es an partizipativen Ansätzen für Bürger*innen und Zivilgesellschaft fehlen. Nägele verspricht, dass die Ausarbeitung einer neuen Strategie noch in dieser Legislaturperiode erfolgen soll.

Calderón Lüning, die auch im zivilgesellschaftlichen Bündnis „Digitales Berlin“ aktiv ist, fordert, dass sowohl die Strategieerstellung als auch die Projekte mit institutioneller Beteiligung der Zivilgesellschaft erfolgen sollen: „Digitalisierung betrifft alle, auch die, die nicht digital unterwegs sind.“ Durch frühe Beteiligung von Bürger*innen und Zivilgesellschaft könnten Problemlagen erkannt werden. „Bevor wir Lösungen anbieten, müssen wir erst einmal herausfinden, was wir brauchen“, so Calderón Lüning. Die Zivilgesellschaft strebt eine „Digitalisierung von unten“ an, die Smart City neu versteht.

Partizipative Ansätze

„Für mich ist Smart City eine Stadtgesellschaft, die sich selber besser organisiert“, erklärt Nicolas Zimmer, Vorstandsvorsitzender der Technologiestiftung Berlin, gegenüber der taz. Die Stiftung hat im vergangenen Jahr mit Förderung des Senats das Innovationslabor CityLab am Platz der Luftbrücke eröffnet – heute das Aushängeschild des Senats für partizipativere Smart-City- Ansätze.

Das CityLab veranstaltet regelmäßig Workshops und Diskussionsveranstaltungen, bietet Raum für Start-ups und jeden, der eine Idee hat und gern ein Projekt umsetzten möchte. Zu den Vorzeigeprojekten gehört etwa die App „Gieß den Kiez“, die basierend auf den Daten des Baumkatasters die Berliner Stadtbäume visualisiert und ihren Wasserbedarf berechnet. Nutzer*innen können Daten beisteuern, indem sie in der App vermerken, wann sie welchen Baum zuletzt gegossen haben. Der Quellcode ist offen, die Daten sind es auch.

„Ein Kernziel des CityLabs ist Datensouveränität“, erklärt Zimmer. „Daten, die in der Stadt erhoben werden, sollen auch in der Stadt verwendet werden.“ Derzeit sei es oft so, dass viele private Unternehmen die von ihnen gesammelten Daten nicht teilen würden. Ein Beispiel seien Anbieter von Leihfahrzeugen. Die Bewegungsdaten von E-Scootern und Leihfahrrädern könnten wertvolle Informationen für Verkehrsplaner*innen liefern, die sonst über umständliche Verfahren erhoben werden müssten. „Warum werden diese Daten nicht genutzt?“, kritisiert Zimmer.

Besonders bei öffentlichen Aufträgen sei dies problematisch: „Was aus öffentlichen Geldern bezahlt wird, soll auch der Öffentlichkeit gehören“, so Zimmer. Deswegen solle bei Ausschreibungen darauf geachtet werden, dass die erhobenen Daten offen zur Verfügung gestellt werden. Da die Rolle von Daten und die Fähigkeit, diese effektiv zu verarbeiten, gerade bei städtischer Infrastruktur immer wichtiger werde, drohe sonst eine schleichende Privatisierung städtischer Infrastruktur. „Was nicht passieren darf, ist, dass wir als Stadt nicht mehr in der Lage sind, diese Lösungen zu verstehen und selber zu entwickeln.“

Der effektivste Weg, Digitalisierung und Smart City selbst zu gestalten, sei daher, eigene Plattformen zu entwickeln, die konsequent auf offene Daten und offene Codes setzten. „Viel lieber ist mir, wir würden eigene Lösungen finden“, so Zimmer. Zwar hätten Städte nicht dieselben Ressourcen wie internationale Großunternehmen, dafür könnte ein Netzwerk aus Städten gemeinsam Lösungen entwickeln. Ob die Straßenlaterne der Zukunft unsere Stadt wirklich lebenswerter macht oder am Ende eine Datensammel- und Überwachungsstation wird, ist also noch nicht entschieden.

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