: Wie hältst du's mit der PDS?
■ Genossen-Kampfgeschrei tönt aus dem Sommerloch
So ist's eben zur Sommerzeit. Alle warten sehnsuchtsvoll auf parteiinternen Streit, besonders darauf, daß er in der SPD losbricht. In Aussicht steht stets Selbstzerfleischung ohne aktuellen Anlaß. Diesmal hat der thüringische SPD-Vorsitzende Richard Dewes den Konflikt losgetreten. Er fordert, die ostdeutschen SPD-Landesverbände sollten eigenständig entscheiden, wie sie mit der PDS umgehen. Und Niedersachsens Ministerpräsident Schröder stimmt ihm zu.
Dankbar über die unverhoffte Vorlage wetzt die Koalition die Messer und spricht von Führungsvakuum in der SPD. Doch der Versuch, das Thema PDS zum Streit zwischen Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine hochzustilisieren, wird diesmal scheitern. Was Schröder gesagt hat, muß Lafontaine nicht kümmern. Er denkt ja selbst nicht anders. Nur daß er seine Meinung dazu nicht öffentlich vor sich herträgt. Wozu auch? Die Koalitionsfrage zwischen SPD und PDS steht in keinem der neuen Bundesländer zur Debatte. Die Forderung der Koalition, daß Lafontaine in der PDS-Frage ein Machtwort sprechen soll, ist schiere parteitaktische Rhetorik.
Über allen Machtspielchen im Westen droht das eigentliche „Anliegen“ des ostdeutschen Politikers Dewes völlig in den Hintergrund zu geraten. Dabei steht mehr auf dem Spiel als die Frage, ob es tatsächlich in absehbarer Zeit zu Koalitionen zwischen SPD und PDS kommt. Es geht darum, ob die Ost-Länder sich vom ständig gängelnden Westen freischwimmen können.
Ein Wunsch über Parteigrenzen hinweg: Auch die Ost-Abgeordneten der CDU hatten das vor kurzem versucht, als sie in der Frage der ABM-Kürzungen den Aufstand probten. Allerdings erfolglos, weil die Konservativen – anders als die Sozialdemokraten – innerparteilichen Streit erfolgreich abbügeln.
Es ist richtig, daß die ostdeutschen Länder auf ihre Besonderheiten verweisen und im Einzelfall Lösungen anstreben, die zwar nicht für westliche Bundesländer, aber eben für ostdeutsche zweckmäßig sind. Die Befürchtung einiger SPD-Politiker, die West- Wähler könnten der Bundespartei Koalitionen mit der PDS nicht verzeihen, darf nicht der Maßstab für den um wirtschaftliche Konsolidierung kämpfenden Osten sein. Markus Franz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen