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Wie die rechte szene linke slogans und themen kapertVon rechts gegen G20

„Kapitalismus angreifen. G20 stoppen!“ – Das klingt wie ein linker Slogan gegen das kommende Gipfeltreffen der Repräsentanten der zwanzig vermeintlich wichtigsten Industrie- und Schwellenländer in Hamburg. Ist es aber nicht, denn unter dem Motto mobilisiert auch die rechtsextreme Szene gegen das Treffen. Auf seiner Webseite ruft der Nationale Widerstand Schleswig-Holstein zu „antikapitalistischen Aktionstagen“ vom 1. bis 7. Juli auf. Doch der gekaperte Slogan sollte nicht über die politischen Differenzen hinwegtäuschen.

In seinem Aufruf erklärt das rechte Netzwerk: „Im Rahmen des G20-Gipfels wollen wir als nationale Sozialisten dem kapitalistischen Ungeist dieser Zeit unseren Protest entgegenbringen“ und legt dar, sich nicht „weiter ausbeuten lassen“ und „für ein besseres Deutschland und eine gerechtere Welt“ kämpfen zu wollen.

Das Symbol für die Aktionstage, in rot gehaltene, gekreuzte Hammer und Schwert , hat eine einschlägige Tradition. Schon für den Strasser-Flügel der NSDAP symbolisierte das Zeichen die angestrebte Volksgemeinschaft aus Arbeitern und Soldaten.

In der rechtsextremen Szene tauchten Hammer und Schwert in den 1990er-Jahren auf. Rechte wollten die soziale Frage schon damals national lösen. Globalisierungskritische Töne schlugen NPD, Kameradschaften und autonome Nationalisten auch nicht erst bei den Debatten um die Freihandelsabkommen TTIP und CETA an. Schon in der völkischen Bewegung, 1871, wurde massive Kritik am Kapitalismus, der Industria­lisierung und am Welthandel formuliert – mit der antisemitisch konnotierten Unterscheidung zwischen „raffendem und schaffendem Kapital“.

Andreas Speit

arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland

Die Aktionsaufrufe aus der rechten Szene, sich bei den Protesten gegen TTIP und CETA einzubringen, blieben zwar nicht ohne Wirkung. Ihre Resonanz war jedoch nicht mit der von linken Aktionen zu vergleichen.

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